Die Rahmenbedingungen in den heimischen Kindergärten sind groß, laut dem Rechnungshof hat sich das durch Corona noch verstärkt.

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Es ist ein Thema, das regelmäßig für hitzige Diskussionen sorgt: Wie viele Kinder sprechen in Österreich nicht gut genug Deutsch, und wie, wann und wo müsste man ansetzen, um das zu verbessern? Zumindest beim Wann gibt es Einigkeit: so früh wie möglich. Für die frühe sprachliche Förderung in Kindergärten gibt es deswegen seit 2008 vom Bund – im Rahmen von sogenannten 15a-Vereinbarungen – für die Bundesländer Zweckzuschüsse. Für den Zeitraum 2018/19 bis 2021/22 waren für die Vereinbarung "Elementarpädagogik" Zweckzuschüsse zwischen 68 Millionen und 95,38 Millionen Euro vorgesehen.

Der Rechnungshof hat sich nun angesehen, wie das Geld eingesetzt wird und wie die frühe sprachliche Förderung aussieht, exemplarisch in Niederösterreich und Oberösterreich zwischen 2016 und 2019. Dabei stellen die Prüferinnen und Prüfer in dem am Freitag veröffentlichten Bericht zahlreiche Unterschiede fest. So sind etwa sowohl die Konzepte zur Sprachförderung als auch die Rahmenbedingungen in den untersuchten Ländern verschieden.

"Nicht nachvollziehbare" ungleiche Daten

Zum einen fiel den Prüforganen auf, dass es beim Übergang vom Kindergarten in die Volksschule ungleiche Daten gibt, die "nicht nachvollziehbar" seien: Sowohl in Niederösterreich als auch in Oberösterreich war jeweils für die Kindergartenjahre 2015/16 bis 2017/18 die Anzahl der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler (wenn das Deutschniveau nicht ausreichend ist, wird man als "außerordentlich" eingestuft) in der ersten Schulstufe erheblich höher als die Anzahl der Kinder mit Förderbedarf am Ende des letzten Kindergartenjahres. So lag in Niederösterreich die Anzahl der Kinder mit Förderbedarf am Ende des Kindergartenjahres 2016/17 bei 362, dem gegenüber standen aber 1.808 außerordentliche Schülerinnen und Schüler in der ersten Schulstufe 2017/2018. In Oberösterreich lag die Diskrepanz zur gleichen Zeit bei 1.371 versus 3.663. Nach Ansicht des Rechnungshofes sollte zwischen den Ergebnissen ein Bezug hergestellt werden können.

Nicht alle Kinder berücksichtigt

Kritisiert wird außerdem, dass nicht alle Kinder von der frühen sprachlichen Förderung profitieren können: Während die Vereinbarung "frühe sprachliche Förderung" keine Vorgaben beinhalte, an welchen Kinderbetreuungseinrichtungen und in welchem Alter bei Kindern das Sprachniveau verbindlich festzustellen ist, stelle die Vereinbarung "Elementarpädagogik" das Alter der Kinder klar: Bei Kindern ab drei Jahren wurde das Sprachniveau mit einem österreichweit einheitlichen Instrument in sogenannten "geeigneten elementaren Bildungseinrichtungen" festgestellt – also in Einrichtungen, an denen die halbtätige Besuchspflicht erfüllt werden konnte und eine Deutschförderung erfolgte oder erfolgen könnte. Nicht sämtliche infrage kommenden Kinder wurden in Niederösterreich also von den Förderungen umfasst.

Wohin die Mittel fließen

Insbesondere Kindergärten mit einem hohen Anteil an Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache seien bei der frühen sprachlichen Förderung vor großen Herausforderungen gestanden, heißt es in dem Bericht. Allerdings betonen die Prüforgane auch, dass ebenso 16 Prozent der Kinder mit Deutsch als Erstsprache einen Sprachförderbedarf hatten. Das Bildungsministerium solle daher bei zukünftigen 15a-Vereinbarungen sicherstellen, dass bei allen infrage kommenden Kindern der entsprechenden Altersgruppe verpflichtend das Sprachniveau festgestellt wird.

Auch die Zweckzuschüsse des Bundes haben sich die Prüferinnen und Prüfer genau angesehen und dabei festgestellt, dass diese in Niederösterreich für bereits bestehende Maßnahmen verwendet wurden. Schon bestehende Ausgaben mit Bundesmitteln zu finanzieren sei aber nicht sinnvoll. Die Zweckzuschüsse sollen stattdessen den Effekt von messbaren Qualitätssteigerungen haben und nicht bestehende Finanzierungsverpflichtungen ersetzen.

Wie das Sprachniveau ermittelt wird

Als standardisiertes Testinstrument zur Einstufung ist seit April 2019 an Volksschulen das Messinstrument zur Kompetenzanalyse – Deutsch (Mika-D) verpflichtend. Bis dahin gab es keine verbindlichen Vorgaben des Bildungsministeriums zur Spracheinstufung und damit auch zur Einstufung als ordentlicher bzw. außerordentlicher Schüler. Dass es nun diesen standardisierten Test gibt, heben die Prüferinnen und Prüfer positiv hervor, "weil bis dahin die Schulleitungen die Einstufungen im eigenen Ermessen durchführten". Allerdings empfiehlt der Rechnungshof auch, dass die Erkenntnisse der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen einfließen sollten. Bislang passiert das nicht.

Unterschiedliche Konzepte

Neben der in den Alltag integrierten Förderung der deutschen Sprache in den Kindergärten sollten die Länder weitere messbare Sprachfördermaßnahmen setzen – so zumindest die Vorgabe vom Bund. Konkreter wird diese allerdings nicht. Sowohl in der Konstellation als auch im Ausmaß der Sprachförderung zeigten sich in den Ländern Niederösterreich und Oberösterreich daher Unterschiede. Während in Niederösterreich Deutschförderangebote tendenziell in den Alltag der Kinder integriert wurden, setzte Oberösterreich vermehrt auf individuelle, systematische Deutschförderung in der Kleingruppe. Lediglich die Häufigkeit der Sprachförderung gestaltete sich ähnlich, heißt es im Bericht. Der Rechnungshof empfiehlt daher dem Bildungsministerium, unter Einbeziehung der Länder und weiterer Expertinnen und Experten aus dem sprachwissenschaftlichen Bereich Überlegungen zur Weiterentwicklung der frühen sprachlichen Förderung in Österreich anzustellen. "Die Diskussion sollte dahingehend angestoßen werden, sich auf bundesweit einheitliche Kriterien in der frühen sprachlichen Förderung zu verständigen."

Der Nutzen ist laut Rechnungshof klar: "Zur Verbesserung der Chancengleichheit für alle Kinder und zur Reduzierung des Ressourceneinsatzes für die Deutschförderung in der Volksschule liegt es im Interesse des Bundes, die Anzahl der Kinder, die mit Schuleintritt nicht ausreichend Deutsch beherrschen, zu verringern."

Pandemie verdeutlicht unterschiedliche Rahmenbedingungen

Abseits des Untersuchungsgegenstands erlauben sich die Prüferinnen und Prüfer auch allgemeine Bemerkungen zu den unterschiedlichen Rahmenbedingungen in Kindergärten. Diese gebe es – sowohl für das Kindergartenpersonal als auch für die Kinder und deren Familien. "Diese Unterschiede wurden in der Covid-19-Pandemie besonders deutlich, etwa hinsichtlich der Öffnungszeiten, der Regelungen zu Gruppengrößen und Personalbesetzung oder der Hygienevorschriften wie Maskenpflicht oder Übergabe der Kinder." Der Rechnungshof empfiehlt dem Bildungsministerium und den Bundesländern, im Zuge des – im Regierungsprogramm 2020–2024 vorgesehenen – Beirats für Elementarpädagogik auch den unterschiedlichen Rahmenbedingungen nachzugehen, "um die Weiterentwicklung der Kindergärten zu Bildungseinrichtungen zu unterstützen". (Lara Hagen, 28.5.2021)