Höfe wie jener von Josef Krenn in Oberösterreich suchen nach geeigneten Nachfolgern, die den Betrieb weiterführen. Das ist nicht immer leicht.

Foto: Jakob Pallinger

Josef Krenn hat es nicht eilig. In Schlapfen schlendert er über den Hof, streicht den Kälbern beim Vorbeigehen über den Kopf und kontrolliert, ob im Stall genug Heu für die Tiere liegt. "Das haben wir alles in den letzten Jahren renoviert", sagt Krenn und zeigt auf die weißgestrichenen Wände des Hauses. Krenn ist stolz auf seinen kleinen Bio-Hof in dem 150-Einwohner-Ort Stangl im Norden Oberösterreichs, auf die 40 Rinder, die 28 Hektar Land, den Oldtimer-Traktor und die Solaranlage auf der Scheune, die dazugehören. Aber er macht sich auch Sorgen, dass es den Hof in ein paar Jahren nicht mehr geben könnte.

"Wenn wir keinen Nachfolger finden, müssen wir zusperren", sagt Krenn, während er sich auf die Bank vor dem Hof setzt. Zusperren heißt, den Betrieb an eine fremde Firma oder Person zu verkaufen, im schlimmsten Fall abzureißen, weil sich die Kosten für die Instandhaltung nicht mehr rechnen, erklärt er. Der 65-Jährige ist seit ein paar Jahren in Pension, kümmert sich aber gemeinsam mit seiner Frau nach wie vor um den Hof, der sich seit Generationen in Familienbesitz befindet. Seine 23-jährige Tochter, an die er den Betrieb mittlerweile verpachtet hat, wünsche sich zwar, dass es mit dem Hof weitergeht, wolle ihn selbst aber nicht übernehmen. Seit Jahren sucht Krenn deshalb nach einem passenden Nachfolger.

Josef Krenn hat damals im Alter von 30 Jahren den Familienbetrieb übernommen.
Foto: Jakob Pallinger

Immer weniger Bauernhöfe

Er ist nicht der Einzige. Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 findet knapp ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich, in denen die Landwirte über 50 Jahre alt sind, keine Person, die den Betrieb übernehmen kann. Traditionell werden die meisten Bauernhöfe in Österreich einfach an die nächste Generation weitergegeben. Weil es aber immer weniger Kinder pro Familie in Österreich gibt und die Landwirtschaft von vielen nicht mehr als besonders attraktive Arbeit gesehen wird, fehlen auch immer mehr Nachfolger, heißt es in der Studie.

Die Folge: Die Betriebe werden gegen Ende immer mehr vernachlässigt und dann in vielen Fällen ganz geschlossen. Schon seit Jahren geht die Zahl der Bauernhöfe in Österreich immer weiter zurück: Laut einer Studie gibt es heute im Vergleich zu 1995 um knapp 40 Prozent weniger Betriebe, jeden Tag sperren im Durchschnitt fünf Bauernhöfe für immer zu. Gab es 1970 noch rund 368.000 Betriebe in Österreich, waren es 2016 nur mehr 162.000 – vor allem, weil einige Betriebe immer größer werden und die kleineren mit dem Wachstum nicht mithalten können.

Krenn hat das Höfesterben in Stangl hautnah miterlebt. "Die sind jetzt alle leer", sagt er und zeigt auf mehrere Bauernhäuser etwas weiter oberhalb an der Straße. Die meisten kleinen Höfe im Ort hätten mittlerweile aufgegeben. Von den 123 Betrieben vor rund 30 Jahren seien noch circa 50 in der Umgebung übrig, schätzt Krenn. "Als kleiner Betrieb bist du heute kaum mehr überlebensfähig", sagt er. Trotzdem wollte er selbst nie zu den Großen gehören. "Die Großbetriebe haben keine Zeit mehr zum Entspannen. Man sollte auch noch zusammensitzen können."

Fehlende Nachfolge

"Dass es häufig keine Nachfolge gibt, ist einer von mehreren Gründen, weshalb viele Höfe aufgeben", sagt Margit Fischer, Geschäftsführerin des Vereins Perspektive Landwirtschaft. Gibt es weniger kleine Höfe, leiden die Natur und Artenvielfalt und der Tourismus darunter. Auch die regionale Lebensmittelversorgung breche so immer mehr weg. Für eine vielfältige und ökologisch verträgliche Landwirtschaft brauche es mehr und nicht weniger Landwirte, sagt sie.

Fischer versucht deshalb, geeignete Nachfolger für Betriebe wie jenen von Krenn zu finden. "Das kann das Höfesterben zwar nicht aufhalten, aber vielleicht verlangsamen", sagt sie. Sie ist überzeugt, dass es viele Menschen gibt, die in die Landwirtschaft einsteigen wollen und nur die richtigen Landwirte finden müssen. Dafür hat der Verein eine Plattform gegründet, auf der sich scheidende Landwirte und potenzielle neue Einsteiger vernetzen und kennenlernen sollen.

Einige "Aussteigertypen"

Auch Krenn hat seinen Betrieb auf der Plattform veröffentlicht. Dort findet sich ein Steckbrief seines Hofes mit den wichtigsten Informationen. Hofsuchende, die selbst ein Profil haben, können ihn so kontaktieren. Seither haben sich immer wieder Menschen aus ganz Österreich und auch Deutschland bei ihm gemeldet, sagt er. Etwa Studierende der Universität für Bodenkultur in Wien, "Aussteigertypen", die ihren Traum des Selbstversorgerhofs verwirklichen wollen, allen voran Paare unter 30. "Viele der Jungen wollen heute vor allem vegetarisch und biologisch produzieren", sagt Krenn.

Rund 40 Kälber hat Krenn in seinem Betrieb, die er nach der Fütterung und Aufzucht an einen anderen Landwirt aus dem Ort verkauft.
Foto: Jakob Pallinger

Dass sich vor allem junge Paare und Familien nach einem Hof umsehen, zeigt sich auch bei den Profilen auf der Plattform. Wie zum Beispiel Clemens und Anita aus Oberösterreich, beide Anfang 20, die auf einer Landwirtschaft aufwuchsen, eine landwirtschaftliche Ausbildung haben und nun einen Betrieb suchen, "mit dem sie ihre Naturverbundenheit ausleben können", wie sie auf der Seite schreiben. Oder Magnus und Jessica aus Passau, ebenfalls knapp 30, die sich "am liebsten selbst versorgen und im Einklang mit der Natur leben und wirtschaften wollen", wie sie schreiben, und dafür einen geeigneten Betrieb in Oberösterreich oder der Steiermark suchen.

Gemeinsam besprechen

Kommt es zu einem Treffen, geht Krenn mit den Besuchern durch den Betrieb, bespricht, wie es mit dem Hof weitergehen soll, und versucht, mit den möglichen Nachfolgern warm zu werden.

Einfach ist das alles nicht. "Mit manchen kommt man nicht zam", sagt Krenn, etwa weil es charakterlich nicht passe. Was die Art der künftigen Landwirtschaft auf dem Hof betrifft, sei er jedenfalls offen. "Sie können Gemüse anbauen, oder auch Schafe, Hühner oder Ziegen haben und die Produkte dann direkt vermarkten. Jedenfalls sollte der Hof klein und biologisch bleiben", sagt er.

Rechtliche Fragen

"Natürlich gibt es bei einer Hofübergabe auch viele Hürden", sagt Fischer. So müssen sich Landwirte und potenzielle Nachfolger ausmachen, wo und wie sie zusammenleben wollen, wer welche Arbeit übernimmt und wie das alles vertraglich geregelt ist. Schon in der Vergangenheit haben sich nicht wenige Familien bei der Weitergabe des Hofes um Nachfolge und Erbe zerstritten. In vielen Fällen lassen sich dann aber doch gute Lösungen finden, sagt Fischer.

Krenn will den Hof auf Zeitrente vergeben, 400 Euro pro Monat sollen ihm die Nachfolger zahlen. Dafür sollen sie am Hof wohnen können, und auch der Grund mitsamt Maschinen und Anlagen geht dann ins Eigentum der Nachfolger über. Und was ist mit den eigentlichen Erben? "Meine Tochter würde dann die Zeitrente bekommen. Ich denke, dass sie damit sehr zufrieden ist", sagt Krenn.

Auch Risiko für Neueinsteiger

Noch aber hat Krenn wie viele andere Landwirte keinen Nachfolger gefunden. Schließlich müssen sich auch die Neueinsteiger auf vieles einlassen: Etwa, an einen gänzlich neuen Ort zu ziehen, gemeinsam mit der alteingesessenen Bauernfamilie am Hof zu leben, Verantwortung zu übernehmen für den Betrieb, für die Maschinen und dafür, dass sich das alles am Ende rechnet.

Krenn ist trotzdem zuversichtlich, dass sich noch jemand Passender findet. Und dass damit einer der letzten Bauernhöfe in Stangl zumindest noch eine Zeitlang weiterleben kann. (Jakob Pallinger, 30.5.2021)