Einem Wiener Forschungsteam unter der Leitung der St. Anna Kinderkrebsforschung gelang die Entwicklung eines neuen Bluttests.
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Ein Wiener Medizinforschungsteam entwickelte einen neuen Bluttest, der kindliche Tumore anhand ihrer epigenetischen Fußabdrücke erkennt. Dazu analysierten Wissenschafterinnen und Wissenschafter der St. Anna Kinderkrebsforschung in Zusammenarbeit mit dem CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Fragmente der Tumor-DNA im Blut. Verbessert werden sollen dadurch die personalisierte Diagnostik sowie zukünftige Therapien von kindlichen Tumoren wie dem Ewing-Sarkom.

Die Methode nutze die Fragmentierungsmuster der kleinen DNA-Stücke, die Tumore in den Blutstrom abgeben, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Solche DNA-Fragmente spiegeln demnach die einzigartigen epigenetischen Fußabdrücke vieler kindlicher Krebsarten wider. Diese lassen sich nun per Bluttest erkennen und klassifizieren. Mittels dieser sogenannten Flüssigbiopsien wäre eine engmaschige Überwachung der Krebstherapie ohne hochinvasive Tumorbiopsien möglich, betonen die Forscher.

Machine Learning hilft bei Unterscheidung

"Bereits in einer früheren Arbeit haben wir die einzigartigen epigenetischen Fußabdrücke des Ewing-Sarkoms identifiziert", sagt Eleni Tomazou von der St. Anna Kinderkrebsforschung. Hier leitet sie die Forschungsgruppe zu Epigenom-basierter Präzisionsmedizin. "Daraus folgerten wir, dass diese charakteristischen epigenetischen Fußabdrücke in den Fragmentierungsmustern der vom Tumor stammenden und im Blut zirkulierenden DNA erhalten sein sollten." Somit gäbe es einen dringend benötigten Marker für die Frühdiagnose und die Tumorklassifizierung nach dem Konzept der Flüssigbiopsie.

Die Wissenschafter verwenden Machine-Learning-Klassifikatoren, um zwischen Patienten mit Krebs und gesunden Personen sowie zwischen verschiedenen Arten von kindlichen Sarkomen zu unterscheiden. Die Algorithmen wurden gefüttert mit umfangreichen Daten aus der Sequenzierung von Tumor-DNA im Blut.

Minimal-invasive Diagnose

Dadurch wurde die Analyse hochsensitiv: "Sie übertrifft in vielen Fällen herkömmliche genetische Analysen", sagt Tomazou. "Unser Ansatz funktioniert gut, wir sind sehr begeistert. Allerdings muss er noch weiter validiert werden, bevor er routinemäßig in der klinischen Diagnostik eingesetzt werden kann."

Den Forschenden zufolge könnte ihr Ansatz zur minimal-invasiven Diagnose, aber auch als prognostischer Marker eingesetzt werden, der überwacht, welcher Patient auf eine Therapie anspricht. Darüber hinaus könnte er als Vorhersage-Marker während der Therapie vor einer Operation dienen und eine Dosisanpassung je nach Ansprechen auf die Behandlung ermöglichen.

Dosisanpassung vermindert Risiken

"Derzeit erhalten die meisten Kinder und Jugendliche mit Ewing-Sarkomen eine sehr hoch dosierte Chemotherapie, obwohl einige Patientinnen und Patienten bereits mit einer weniger starken Therapie geheilt werden könnten. Letztere würde ihr Risiko verringern, später an anderen Krebsarten zu erkranken", erläuterte Tomazou.

An der Studie waren auch das Ludwig Boltzmann Institut für seltene und undiagnostizierte Erkrankungen und die Med-Uni Wien beteiligt. Außerdem wurde sie in enger Zusammenarbeit mit weiteren Instituten in Österreich, Deutschland, Norwegen und Frankreich durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt "Nature Communications" veröffentlicht. (red, APA, 30.5.2021)