Lieferando klärt auf: Die Leferanten dürfen sehr wohl auch Hilfsmittel verwenden.

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Die Arbeitsbedingungen von Essenslieferanten sorgen immer wieder für Diskussionen und rückten vor allem während des Lockdowns vermehrt ins Licht der medialen Aufmerksamkeit. Für Aufsehen sorgte nun erneut ein Tweet des Twitter-Users Stefan Hinterhuber – oder vielmehr: Die Reaktion des Lieferdienstes Lieferando darauf.

"Der Lift ist nicht für Arbeiter"

"Es fuckt mich so ab, wenn der Lieferando Fahrer den Lift benutzt. Der Lift ist nur für Hausbewohner und ihre Gäste, und nicht für Arbeiter", schreibt er: "Ich bestelle fast jeden zweiten Tag und schreibe es immer bei der Bestellung dazu, aber die lernen es einfach nicht." (Anmerkung: Zwecks besserer Lesbarkeit hat der STANDARD nachträglich Satzzeichen in dieses Zitat eingefügt.)

Derartige Kundenbeschwerden sind gewöhnlicherweise ein guter Anlass, um sich hinter die Mitarbeiter zu stellen und deren täglichen Einsatz zu loben. Bei Lieferando lautete die Antwort jedoch: "Hey! Es tut uns sehr leid, dass der Lieferant den Fahrstuhl benutzt. Sende uns gerne eine DN mit der Bestellnummer, damit wir das Ganze einmal prüfen können."

Wenig überraschend sorgte dies augenblicklich für erboste Reaktionen unter den Userinnen und Usern: Von einem saloppen "Wie deppert seids ihr eigentlich?" hin zu einem "Aber wie ihr darauf reagiert, ist ein Skandal. Habt doch mal ein bisschen Courage und stellt euch hinter Eure Leute!" wurde heftige Kritik am Essenslieferdienst geäußert.

Lieferando reagiert nach vier Tagen

Die Diskussion fand am Dienstag, 25. Mai, statt. Am darauffolgenden Samstag entschloss sich Lieferando, die Situation zu entschärfen. "Wir entschuldigen uns bei allen LieferantInnen! Natürlich stehen wir hinter Euch", heißt es dort: "Es tut uns leid, dass wir uns missverständlich ausgedrückt haben." Und selbst verständlich können auch Hilfsmittel beim Ausliefern genutzt werden, heißt es abschließend.

Ähnliches antwortet Lieferando auch auf eine Anfrage des STANDARD: "Selbstverständlich nutzen unsere Fahrerinnen und Fahrer Aufzüge und dürfen dies auch," heißt es am Samstag in einer knappen Mailantwort.

In einem vorherigen Mailverkehr mit dem STANDARD hatte das Unternehmen betont, "zum Glück genau das Gegenbeispiel zur Gig Economy" zu sein. "Alle Lieferando.at-Fahrer sind gemäß Kollektivvertrag für Fahrradboten regulär angestellt, werden teils sogar deutlich über Mindestlohn des Kollektivvertrags bezahlt und erhalten ein 13. sowie 14. Gehalt", heißt es in der Mail: "Zusätzlich zum Lohn erhalten Lieferando.at-Fahrer Pauschalen für die Nutzung ihres Handys und die gefahrenen Kilometer mit eigenem Fahrrad. Kundenseitig kommen Trinkgelder von Kunden an der Tür hinzu. Vor allem sind Lieferando.at-Fahrer auch durch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall abgesichert und umfassend versichert. Umfragen und die lange Betriebszugehörigkeit der Fahrer bestätigen deren Zufriedenheit, und es werden auch aktuell weitere Fahrer eingestellt."

Der besagte "Kunde", der den Twitter-Dialog initiiert hatte, dürfte dies übrigens eher getan haben, um auf die Missstände in der Branche aufmerksam zu machen. So merkte er am Samstag an, dass man nicht "rumheulen und Lieferando boykottieren", sondern "wirklich was tun" solle – und postete dazu einen Link zur Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend. (stm, 29.5.2021)