Der Untertitel "Szenisches Gedicht für Beleuchter und Tontechniker" verrät alles und nichts.
Foto: Nikolaus Ostermann / Volkstheater

Dass er es getan hat, ist nur folgerichtig, wer, wenn nicht der Lautdichter Ernst Jandl, hätte dieses Stück schreiben sollen? Der Untertitel Szenisches Gedicht für Beleuchter und Tontechniker verrät alles und nichts, was man über Der Raum wissen muss, das nun im Volkstheater auf die leere Bühne gebracht wurde. Schauspieler gibt es nicht, alle Akteure agieren hinter den Kulissen – an Licht, Sound, Stellwerk.

Um den leider lediglich halbstündigen Abend etwas auszuschlachten, geht es schon während des Einlasses los. Die Dolby-Surround-Lautsprecher im Saal geben Testansagen ("Loge links", "Portal rechts", "Center") von sich. Der Vorhang ist leicht geöffnet, Nebel wabert auf der Bühne, weiße Scheinwerfer strahlen.

Pünktlich zu Beginn schiebt sich der Vorhang dann rumpelnd hoch, ächzend bewegen sich auch die Lichter langsam auf und ab, bis sie zack, zack, zack, zack eines nach dem andern ausgehen. Ein roter Strahler übernimmt und beginnt zu Ufo-Geräuschen suchend den Zuschauerraum abzutasten, dann schalten sechs rote Lichter auf kaltes Weiß um, "leer" steht an der Rückwand.

a-u-s-e-i-n-a-n-d-e-r-z-i-e-h-e-n-d

"lichtpunkt / hell sehr hell / langsam langsam / sich vergrö-ßernd / form verändernd sich / a-u-s-e-i-n-a-n-d-e-r-z-i-e-h-e-n-d / lichtstreif rechteck" lautet eine von Jandls Anweisungen. 51 solcher Szenen gibt es, Intendant Kay Voges hat Regie geführt. Bei Einstellung 23 tanzt ein rotes Lichtfeld zu Rockmusik, zu sakraleren Klängen schwebt ein Lichtkegel nieder.

Bei 28 beginnt die Bühne sich zu drehen, bei 29 hebt aus dem Off Motorgeheul an, und man wähnt sich in einem Autorennen. Ohne Darsteller und Plot entwickeln Licht (Pauls Grilj) und Sound (Michael Sturm) als technisches Gerüst des Theaters Sogkraft. Bei 34 gehen Wunderkerzen an. Wem applaudiert man verdient heftig? Das Publikum drehte sich natürlich nach hinten zur Technikkabine! (Michael Wurmitzer, 30.5.2021)