Die weitere Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten wirft auch Fragen der Ungleichbehandlung auf.

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Vierzehn Tage beträgt in der Regel die Kündigungsfrist für Arbeiter – die für Angestellte ist mindestens dreimal so lang. Um diesem Unterschied entgegenzuwirken, wird es zu einer Angleichung der Kündigungsfristen kommen. Das entsprechende Gesetz wurde schon vor einigen Jahren beschlossen und sollte im Jänner 2021 in Kraft treten. Die Angleichung wurde allerdings bereits einmal verschoben und soll nun voraussichtlich mit 1. Oktober kommen. Wie so oft wird es aber auch hier Ausnahmen geben, z. B. für Saisonbetriebe. Und laut einem aktuellen Initiativantrag könnten weitere hinzukommen.

Aktuell sind die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten bei den Kündigungsregeln groß. Während das Gesetz eine Kündigungsfrist von vierzehn Tagen für Arbeiter vorsieht, können Kollektivverträge (z. B. Gebäudereiniger) sogar eine deutlich kürzere Frist festlegen. Im Gegensatz dazu regelt das Angestelltengesetz ein Stufenmodell nach Dienstjahren, bei dem – sofern ein Kollektivvertrag nichts Abweichendes regelt – eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen bis zum dritten Dienstjahr vorgesehen ist, die dann mit fortlaufenden Dienstjahren bis höchstens fünf Monate ansteigt.

Gleich, aber nicht ganz

Die geplante Angleichung im ABGB bedeutet für Arbeiter, dass für sie zunächst eine Kündigungsfrist von sechs Wochen gilt, die sich nach dem zweiten Dienstjahr auf zwei Monate, nach dem fünften auf drei, nach dem fünfzehnten auf vier und nach dem fünfundzwanzigsten auf fünf Monate erhöht. Sollte die Kündigung vom Arbeitnehmer ausgehen, beträgt die Kündigungsfrist grundsätzlich nur einen Monat.

Insofern wären Arbeiter bei den Kündigungsfristen grundsätzlich auf das Niveau der Angestellten angehoben. Allerdings sieht eine Sonderregelung für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, Kollektivvertragsdispositivität vor: Ein in diesen Branchen zur Anwendung gelangender Kollektivvertrag kann eine abweichende Kündigungsregelung vorsehen. Dabei wird vom Gesetz auch keine Mindestfrist angeordnet, weshalb diese kollektivvertragliche Kündigungsfrist auch zum Nachteil der Arbeiter von den gesetzlichen Regelungen abweichen und damit kürzer sein kann.

Mit diesen Ausnahmeregelungen wurden Branchen ausgenommen, die ohnehin flexible und kurze Arbeitsverhältnisse haben. Zudem ist die Auslegung des Begriffs "Saisonbetriebe" in der Praxis nicht eindeutig und wird wohl durch das Erfordernis des Überwiegens in der jeweiligen Branche nicht leichter.

Weitere Ausnahme

Eine weitere Ausnahme wurde nun durch einen Initiativantrag zur Änderung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes eingebracht. Wird er umgesetzt, könnten anstelle der neuen Kündigungsfristen für Arbeiter im ABGB abweichende Regelungen im Kollektivvertrag festgelegt werden.

Für Unternehmen bedeutet die Fristverlängerung einen Aufschub. Die Angleichung wird jedoch kommen. Und Unternehmen sind gut beraten, sich damit auseinanderzusetzen. Aber: Wer bereits jetzt mit seinen zukünftigen Arbeitern einen mit seinen Angestellten vergleichbaren Vertrag abschließt, obwohl sie noch nicht in den Genuss der gesetzlichen Verbesserung kommen, und so einzelvertraglich längere Kündigungsfristen vereinbart, erweist sich unter Umständen einen Bärendienst und kann hiervon auch einseitig nicht mehr abgehen.

Andererseits bergen auch die angedachten Ausnahmen rechtliches Konfliktpotenzial. Die ursprüngliche Intention dieses Gesetzes war es, die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten bei Kündigungen auszugleichen. Doch stellt sich die Frage, ob dieses Ziel mit der Schaffung der genannten (gerechtfertigten) Ausnahmen erreicht werden wird und ob berücksichtigungswürdige Interessen vergleichbarer Branchen unberücksichtigt geblieben sind – was wiederum eine Ungleichbehandlung wäre. Diese Fragen wird letztlich ein Höchstgericht zu beantworten haben. (Nicolaus Mels-Colloredo Aleksandra Lazic, 31.5.2021)