Die 16. Staffel von "Germany's Next Topmodel" ging vergangene Woche zu Ende. Gewonnen hat die aktuelle Staffel die 23-jährige Transsexuelle Alex.

Foto: Pro7/Willi Weber

Inzwischen dürften wir uns alle wieder halbwegs beruhigt haben, dass mit Alex eine Transgender-Person die aktuelle Staffel von "Germany's Next Topmodel" gewonnen hat, die vergangene Woche zu Ende ging. Was für ein Ding! Wie unkonventionell, wie mutig. Oder? Es sieht fast so aus, als ob man gar nichts mehr sagen könnte gegen diese Show, die noch bis vor kurzem so sonnenklar als frauenverachtend, Essstörungen fördernd, die reine Oberfläche abfeiernd und dafür kritisiert wurde, dass sie unerreichbare Schönheitsideale in Mädchen einpflanzt. Mütter konnten eigentlich nur beten, dass es die Show nicht mehr gibt, wenn die eigene Tochter in das Alter kommt, in dem sie eine Show wie diese interessieren könnte.

"GNTM" wird politisch korrekt

Lange Jahre blieb die Model-Casting-Show ein Quoten-Hit, ehe den Macher*innen bei Staffel 15 und 16 langsam dämmerte, dass der gesellschaftliche Wandel sogar vor den altbackensten TV-Formaten nicht mehr Halt macht. Da musste man was tun, jetzt, wo es überall "Body Positivity!" heißt und der Ruf nach Diversität lauter wurde. Da musste natürlich auch Heidi mit, die betont, wie sehr sie in ihrem Cast für die aktuelle Show auf Diversity geachtet hat. Jetzt dürfen auch "kurvige" Mädchen dabei sein, sogar die schlanke Frauensilhouette ist vom Logo von "GNTM" verschwunden. Zudem wird die Teilnahme von Mädchen mit Migrationsgeschichte, nichtbinären Menschen oder Transpersonen besonders hervorgehoben. Auch sie dürfen nun beim Run auf Jobs in der Modebranche dabei sein, was trotz aller vor sich hergetragener Wokeness nicht weniger entwürdigend wird.

Wenn sie vor einem Fotografen doof posieren müssen und aus dem Off entsprechende Musik läuft, um ihre patscherten Moves vor der Kamera nochmal extra zu untermalen. Oder wenn sie gegenseitig ihre "Personality" mit einem Ranking zwischen eins und zehn bewerten müssen. Oder wie sie nach dem berühmten Umstyling öffentlich ihre neuen Frisuren beweinen. Tja, da müssen halt Menschen durch, die Models werden wollen! Mag sein, aber sollten wirklich abertausende andere junge Menschen durch diese Bilder lernen, dass sie für einen Job "alles geben" müssen, wie die Show ständig suggeriert? Dass sie behaupten müssen, das Geturne vor der Kamera hätte Spaß gemacht, obwohl es so gar nicht danach aussah? Und man sich trotzdem brav für das Shooting bedankt?

Wo ist es nur, das "Etwas"?

Die Anleitungen von Heidis Modeprofis, wo Teilnehmer*innen die Hand hin- oder weggeben sollten, sind sichtlich mühsam und peinlich, ebenso wenn das fehlende "Etwas" in den Augen bei einem Foto bekrittelt wird, was völlig willkürlich behauptet wird und offenbar nur ein Modeprofi sieht.

Das passive Hinnehmen dieser Willfährigkeit vor dem allgegenwärtigen Versprechen, es damit zu etwas zu bringen, die Erzählung, dass es das ultimativ Geilste sei, auf dem Cover einer Modezeitschrift zu sein, dass es das Wichtigste sei, einfach tüchtig an sich zu arbeiten, um letztlich doch von Heidi wie von einer Feudalherrin "ausgesucht" zu werden. All das bleibt auch bei einer politisch korrekteren Version von "GNTM" das Grundproblem.

Das Ziel sollte also nicht sein, immer mehr Menschen in diese Zirkel zu integrieren, sondern immer mehr von der Idee zu befreien, dass all das erstrebenswert ist, wofür "Germany's Next Topmodel" steht. Dankbarkeit sollte sich erst einstellen, wenn keine mehr "Heidis Mädchen" sein will. (Beate Hausbichler, 2.6.2021)