Der Preisanstieg bei Stahl und anderen Rohstoffen macht der metallverarbeitenden Industrie zu schaffen.

Foto: Imago Images / Photothek

Wien – Maschinenbau und Metallverarbeitung, Österreichs stärkste Industriebranchen, mussten in der Corona-Krise ordentlich Federn lassen. Der Produktionswert ging im Jahr 2020 um 10,6 Prozent oder 3,6 Milliarden Euro zurück. Die Exporte brachen um 8,1 Prozent auf 33,1 Milliarden Euro ein. Das teilte der Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI), Christian Knill, am Montag mit.

Wären Rohstoffe wie Stahl und andere Metalle nicht knapp, was die Preise in die Höhe treibt, könnten die Aussichten kaum besser sein. Im ersten Quartal 2021 stieg die Produktion um 6,2 Prozent, für das Gesamtjahr geht man laut einer im Mai bei den Branchenunternehmen durchgeführten Blitzumfrage von einem Wachstum von 14 Prozent aus. Werden die von dynamischen Auftragseingängen geschürten Erwartungen Realität, wäre das Vorkrisenniveau wieder erreicht.

Zurück auf Vor-Corona-Niveau

Ein Rekordniveau stellt das freilich nicht dar, denn 2019 sei mit einem Realwachstum von minus 2,4 Prozent bereits deutlich schwächer als 2018 gewesen, rechnete Knill vor. Damals wies die Branche einen realen Zuwachs von knapp sechs Prozent aus. Zu ungünstig seien die Lohnstückkostenpositionen, sagt Knill, der – wie die gesamte Industrie – auf die im Regierungsprogramm versprochene Entlastung bei den Lohnnebenkosten wartet.

Es gehe nämlich bei weitem nicht allen FMTI-Mitgliedsbetrieben gut. Wohl erwarteten heuer rund 80 Prozent ein Wachstum, aber jeder fünfte Betrieb sieht seine Lage pessimistisch, und zehn Prozent gehen gar von Stagnation oder Rückgang im Vergleich zu 2019 aus. Rohstoffknappheit und teils massive Preissteigerungen trüben die Aussichten. Die Großhandelspreise für Eisen und Stahl sind um fast 37 Prozent gestiegen, was mit einem Kostenanteil von 22 Prozent den Ertrag empfindlich schmälert. Die Branche sei dadurch allein beim Vormaterial Stahl mit Mehrkosten von rund 2,7 Milliarden Euro konfrontiert, rechnete Knill vor. Einzelne Güteklassen seien seit der Corona-Krise kaum verfügbar, weil noch nicht überall in Europa die Produktion hochgefahren oder Stahlwerke stillgelegt worden seien und China die Märkte (Korea, Taiwan) leerkaufe.

Lieferzeiten und Lohnkosten

Auch die Lieferzeiten hätten sich enorm verlängert, von drei bis vier auf teils sechs bis zwölf Wochen – und die bestellten Mengen würden oft nicht geliefert. Das Abarbeiten von kurzfristigen Aufträgen sei teils nicht möglich oder nur zu horrenden Kosten. "Wir sehen das als Wachstumshemmer", sagte Knill.

Ungünstig im Vergleich zu den Konkurrenzländern in Ost- und Südosteuropa sei auch noch die Lohnstückkostenposition in Österreich, also die Arbeitskosten pro Arbeitsstunde. Seit der Finanzkrise 2008/09 seien die Löhne in Relation zur produzierten Menge um 20,3 Prozent gestiegen, in Tschechien (11,7 Prozent) und der Slowakei (9,1 Prozent) hingegen nur halb so viel. In der Eurozone seien die Lohnstückkosten nur um 7,6 Prozent gestiegen.

Kurz und schmerzlos

Für die im September anstehende Metallerherbstlohnrunde hofft Knill auf einen "schnellen, wettbewerbsverträglichen Abschluss" – wie im Corona-Jahr 2020, als in einer Blitzrunde die Inflationsrate abgegolten wurde. Das dürfe wohl eher ein frommer Wunsch bleiben, denn nach der Kurzarbeit dürfte sich die Gewerkschaft damit erwartungsgemäß nicht zufriedengeben. Standort hin oder her.

Stichwort Kurzarbeit: Derzeit nutzt noch jeder zehnte Branchenbetrieb die staatliche Lohnstütze, betroffen seien aber nur mehr vier Prozent der insgesamt rund 130.000 Beschäftigten in der Branche.

Wachablöse

An der Spitze des Fachverbands kommt es im Juli zu einer Premiere: Geschäftsführer Berndt-Thomas Krafft geht nach 19 Jahren in die Pension. Ihm folgt mit Sabine Hesse (39) erstmals eine Geschäftsführerin. Hesse ist seit 2010 als Referentin im Fachverband FMTI tätig und kennt die Sorgen und Nöte der Branche gut. (ung, 31.5.2021)