Sons of Kemet live bei einem Konzert 2019.

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Sons of Kemet – Black to the Future

Der britische Saxofonist Shabaka Hutchings gilt im zeitgenössischen Jazz als Lichtgestalt. Mit The Comet Is Coming und Shabaka and the Ancestors bewegt er sich zwischen spirituellem Jazz und der Revitalisierung des Jazzrock. Mit den Sons of Kemet, besetzt mit zwei Schlagzeugern, einem Tubaspieler und Hutchings selbst, liefert er nun auf dem Album der Formation, Black to the Future (Impulse!), nicht nur ein starkes Statement zu Black Lives Matter ab. Mit Spoken-Word-Gastbeiträgen von Moor Mother , Joshua Idehen oder Kojey Radical sollte das Dach auch mit heftigen Sounds zwischen Afropop, Grime und metallischer Rhythmik zum Fliegen gebracht werden.

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Black Midi – Cavalcade

Die junge britische ADHS-Band aus dem unglaublich angesagten Umfeld des Brixtoner Clubs The Windmill hat es mit dem Jazz und Gitarrendaddelei in mathematischer Präzision. Das ist nicht genug. Black Midi haben sich nach dem Debüt Schlagenheim nun auf Cavalcade (Rough Trade) noch einmal radikalisiert. Als Referenzen hört man Einflüsse von närrischen, vom Prog-Rock beeinflussten Bands wie The Mars Volta oder System Of A Down. Mitunter klingt das auch gleich nach originalen Vätern aus den 1970er-Jahren wie Van Der Graaf Generator oder King Crimson, Frank Zappa sowieso. Das Ganze wird dann noch mit Noise angereichert. Die Ballade Marlene Dietrich kann als Erlösung gewertet werden.

black midi

Can – Live in Stuttgart 1975

Die deutsche Band Can gilt als uneingeschränkter Weltmeister, wenn es darum geht, freie Improvisation, Repetition und Groove zu verbinden. Vor 50 Jahren galt das Quartett Irmin Schmidt (Keyboards), Holger Czukay (Bass), Michael Karoli (Gitarre) und Schlagzeuger Jaki Liebezeit als bahnbrechend. Hier hören wir mit Live in Stuttgart 1975 (Spoon) einen eineinhalbstündigen Live-Mitschnitt. Er zeigt die Band nach dem Abgang von Sänger Damo Suzuki in instrumentaler Hochform. Studioalben wie Tago Mago oder Landed galten immer nur als Momentaufnahmen. Hier brechen Can in bis zu 36 Minuten langen Jams ins Herz des Groove auf. Viel besser geht es nicht.

Mute

Moby – Reprise

Warum man Popklassikern unbedingt einen klassischen Anstrich geben muss, diese Frage hat wohl mehr mit dem Bedürfnis von Musikern zu tun, sich selbst als historisch relevant darzustellen, und weniger mit dem Wunsch des Publikums. Wenn nun unser alter Ravepop-Onkel Moby auf Reprise (Deutsche Grammophon) mit Orchester längst totgespielten Hits wie Why Does My Heart Feel So Bad? oder Natural Blues den Klassik-Touch gibt, dann rollt es einem schon einmal die Zehennägel auf. Das ist meist übler Kitsch. Daran können auch Gäste wie Mark Lanegan, Kris Kristofferson oder Gregory Porter nichts ändern. Heroes von Bowie als einzige Fremdkomposition klingt besonders schlimm.

Moby

(Christian Schachinger, 1.6.2021)