Die Polin Kasia Smutniak schlüpft in die Rolle von Livia Drusilla im Historiendrama "Domina" auf Sky.

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Mit dem römischen Kaiser Augustus ist es so: Viele Menschen kennen ihn eigentlich nur aus dem Weihnachtsevangelium, da wird ihm nämlich eine Volkszählung untergeschoben, wegen der Maria und Joseph nach Bethlehem hinaufziehen mussten. Das ist alles Legende, hat sich aber weit herumgesprochen. Wer sich näher für die Geschichte des Römischen Reichs interessiert, wird mit Gaius Octavius, dem späteren "Erhabenen" (Augustus), einen Höhepunkt der antiken Zivilisation verbinden.

Nach dem Tod von Julius Caesar herrschte längere Zeit ein blutiges Durcheinander, und Augustus sorgte für Ordnung, ließ sich zum Kaiser ausrufen und endete als Gott. Sogar ein Zeitalter wurde nach ihm benannt: das augusteische. Eine imposante Karriere also, und definitiv Stoff für eine gute Serie. Es sei denn, man hat noch eine bessere Idee: die ganze Geschichte nämlich aus der Perspektive seiner Frau aufzurollen. Livia Drusilla war eine beeindruckende Figur, sie erbte sogar den Titel ihres Mannes. Sie wurde zur Augusta. Die Sky-Serie, die von ihr erzählt, hat aber einen noch besseren Titel gefunden: Domina. Das klingt nach fortschrittlichen Sexualpraktiken, heißt aber auf gut Lateinisch eigentlich nur so viel wie Hausherrin. Nur war das Haus halt ein Weltreich.

Die erste Feministin

Domina tritt mit dem Anspruch auf, der Welt "die erste Feministin" zu präsentieren. So wurde es zumindest in verschiedenen Formulierungen mehrfach bei einem Interview-Termin variiert, das Sky Italia Mitte Mai mit gut 100 Vertretern der Fachpresse abhielt. Showrunner und Darsteller gaben ihre Sicht auf das neue Kostümepos zum Besten: Kasia Smutniak, die in der Rolle der erwachsenen Livia Drusilla zu sehen ist, sprach von einem "Verlauf voller Gewalt", den "das schönste Mädchen der Welt" zu bestehen hat, bis es sich als "Ehefrau eines Tyrannen" etablieren kann.

Simon Burke, der Autor, hob auch die Gewalt hervor, wollte aber dabei den Faktor Sex nicht vernachlässigen. Zwischen Gaius und Livia bestand eine "ungeheure sexuelle Attraktion", sodass die ganze Serie mit ihren acht Folgen eigentlich auf einem Spannungsverhältnis zwischen Sex und Gewalt aufbaut. "Unsere Politik spielt sich im Schlafzimmer ab", so Burke. Eine wichtige Casting-Entscheidung weist früh den Weg. Liam Cunningham spielt den Vater von Livia. Er war in Games of Thrones der Ser Davos, und in die Richtung dieses mythischen Spektakels will nun auch Domina.

Liam Cunningham spielt Livias Vater.
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Spiel um den Thron

Denn der Aufstieg von Gaius Octavius war eben auch ein Thronspiel, in dessen Verlauf viele Schiffe versenkt und viele Schwerthiebe ausgeteilt werden mussten. Livia muss dabei zuerst einmal über den Umstand hinweg, dass sie, kaum dem Kindesalter entwachsen, an einen viel älteren Mann verheiratet wird. Und ihren späteren Augustus sieht sie zum ersten Mal just in einem Moment, in dem der sich von einer freizügigen Römerin intim verwöhnen lässt.

Der Autor Simon Burke zieht einen großen Vergleich, wenn er Domina als ein Epos über den drohenden Untergang eines Staates zu vermarkten versucht: "Wir sehen hier der Zerstörung einer Demokratie zu, und zwar von innen."

Seine Vergleiche mit Donald Trump und Boris Johnson wirken doch ein bisschen weithergeholt, zumal nach der Logik von Domina dann ja aus Trump ein Friedensfürst und Künstler des politischen Ausgleichs hätte werden müssen. Und zwar unter dem Einfluss einer Melania als Inbegriff der Weisheit.

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Man tut Domina keinen Gefallen, wenn man die Serie zu einer Geschichtsstunde macht. Es geht hier offenkundig um die geläufigen Attraktionen einer Antike, die man zwar gern an der Schönheit ihrer Tempel und Theater misst, bei der es aber seit jeher ein wichtiger Faktor war, die Dekadenz nicht zu vergessen. Die Römer gibt es nun einmal nicht ohne die Barbaren, hier sind sie selbst vielfach barbarisch. Ein wenig kurios, aber auch typisch mutet es da an, dass Livia eine treue Gefährtin mit afrikanischem Migrationshintergrund an die Seite gestellt bekommt, die ausgerechnet den Namen Antigone trägt. Die größte Humanistin der alten Zivilisation steht also Taufpatin für eine typische Repräsentationsfigur heutiger Ansprüche an Diversität.

Snobisten-Englisch

Antigone erweist sich aber tatsächlich als eine der interessanteren Figuren, während Isabella Rossellini in der Rolle der Balbina, einer Gegenspielerin der Livia, nicht an die Grenzen ihres Ausdrucksvermögens gehen muss. Die Netflix-Serie Barbaren hielt sich neulich einiges darauf zugute, dass in ihr korrektes Latein gesprochen wurde.

In Domina spricht man in Rom wieder das gute alte Snobisten-Englisch: "Strip him naked and give him 20 lashes, when you have a moment, thank you." Spaß an der Serie wird vor allem ein Publikum finden, das zu dem Faktor Schund in einem entspannten, womöglich freundschaftlichen Verhältnis steht. (Bert Rebhandl, 1.6.2021)