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Tomašević konnte fast die absolute Mehrheit erkämpfen.

Foto: AP Photo/Darko Bandic

Er gilt als Urgestein der ökologischen Bewegung in Kroatien, obwohl er erst 39 Jahre alt ist. Die Wahl von Tomislav Tomašević zum Bürgermeister von Zagreb kam am Sonntag nicht überraschend. Tomašević engagiert sich seit 23 Jahren für Umweltschutz, gegen die Kommerzialisierung von öffentlichen Plätzen, für Geschlechtergerechtigkeit und gegen korrupte und intransparente Freunderl-Netzwerke, die die Zagreber Politik in den vergangenen 20 Jahren bestimmt haben.

Tomašević kann sauber argumentieren, aber er ist kein charismatischer Ideologe, sondern ein Organisationstalent. Nach der Schule, wo man ihm wegen der bekannten Tommy-Gewürzpaste den Spitznamen "Senf" gab, studierte er Politikwissenschaft und machte einen zusätzlichen Abschluss in Umweltwissenschaften in Cambridge. Er war jahrelang Teil der Grünen Akademie, deren Vertreter sich im Sommer auf der Insel Vis trafen, um Zukunftspläne zu schmieden. Unterstützt wurden die Aktivisten von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung.

In Shirt und Sakko

2017 war es dann so weit. Die links-grüne Szene, die sich etwa vom jährlichen Subversive-Festival kannte, wollte nicht länger warten, bis sich eine Partei etablierte. Nach dem spanischen Vorbild der Podemos gründete man die Fraktion Možemo! (Wir können das!). Diese war auch eine Antwort auf stärker werdende reaktionäre Kräfte.

Tomašević geht es um nachhaltige Investitionen, neue Schulen und mehr öffentlichen Verkehr. Der Typ in T-Shirt und Sakko, der selbst aus einem konservativen Milieu stammt und seine Frau Iva Mertić katholisch heiratete, setzt aber nicht auf Kulturkampf. Kriegsveteranen und Nationalisten sehen sich deshalb um ihre Anliegen betrogen und behaupten, er wolle in Zagreb nach dem Wiener Vorbild homosexuelle Ampelpärchen einführen.

Sein Sieg – er bekam fast die absolute Mehrheit – hat jedoch vor allem damit zu tun, dass die Zagreber Bürger die intransparente Vetternwirtschaft nicht mehr hinnehmen wollen und verärgert sind, dass die Stadtverwaltung den Wiederaufbau nach dem Erdbeben im März 2020 vermasselte. Možemo bleibt aber vorerst ein urbanes, lokales Phänomen.

Offen ist auch, ob die Truppe mit einigen Experten, aber ohne Managementerfahrung in der Verwaltung ihre Visionen umsetzen können wird. Mit Widerstand der alten Netzwerke ist zu rechnen. Zu erwarten ist aber auch, dass Tomašević hartnäckig und systematisch vorgehen wird. (Adelheid Wölfl, 31.5.2021)