An der resoluten Dame eines großen Wiener Heurigen in Grinzing gibt es kein Vorbei. Ein zerfledderter Impfpass und das negative Ergebnis eines Nasenbohrertests sind die Eintrittstickets in den grünen Garten. Doch halt! Keine Reservierung? Der eilige Test vorab scheint umsonst gewesen, kein Tisch ist an diesem frühen Samstagabend mehr frei. Den großen Sicherheitsabständen sei die Platznot geschuldet, seufzt die Torwächterin und versichert, dass Lockerung in Aussicht sei.

Nach emsigem Hin und Her findet sich dann doch noch ein freies Eckerl unter Bäumen, die Schutz vor kleinen Regenspritzern bieten. Die Frage nach der Registrierung geht in der hektischen Betriebsamkeit des ersten Wirtshausbesuchs seit Monaten unter. Aufforderung dazu gibt es jedenfalls keine.

Anders im Do & Co in der Albertina in Wien. Wer hier Einlass begehrt, muss gleich beim Eingang sein Testergebnis vorweisen. Auch darauf, dass die Gäste sich zu Tisch registrieren, wird genau geachtet. Erst dann wird vom diensthabenden Servierpersonal freundlich die Speisekarte überreicht.

Einhaltung der Regeln

Nichts wie unter die Leute, das haben sich augenscheinlich viele unmittelbar nach der Gastro-Öffnung gedacht. Monate auf Geselligkeit und Essen und Trinken außer Haus zu verzichten sorgte vor allem bei Speiserestaurants für gute Buchungszahlen, sagt Mario Pulker. Dass die Einhaltung der sogenannten Drei-G-Regel – Eintritt nur für getestete, genesene oder geimpfte Personen – funktioniert, davon geht der Obmann der Gastro-Sparte in der Wirtschaftskammer (WKO) aus.

Ausgehen ist wieder möglich – einige Regeln gilt es aber zu beachten.
Foto: APA/Georg Hochmuth

Er habe von Betrieben auf dem Land die Rückmeldung bekommen, dass das "ausnahmslos gut funktioniere", sagt Pulker. Die Gäste kämen in aller Regel brav getestet, die Betriebe hätten keinen einzigen Selbsttest gebraucht.

Lücken bei der Kontrolle

Ganz so lückenlos funktioniert das in der Praxis allerdings nicht, wie der Besuch in verschiedenen Lokalitäten zeigt. Vor einem Wiener Kaffeehaus unweit der Volksoper sind um zehn Uhr vormittags die Tische mäßig besetzt, Hektik versprüht das Servierpersonal nicht. Die Drei-G-Regel scheint hier wenig Bedeutung zu haben. Ein Nachweis wird nicht verlangt. Als ob es die Corona-Pandemie nie gegeben hätte. Kein Formular, in das man Namen, Telefonnummer, Tisch und E-Mail-Adresse eintragen könnte, und auch kein QR-Code zur elektronischen Eingabe für das Contact-Tracing sind zu sehen.

Dennoch, überwiegend verlaufen die Besuche in den Lokalen so wie in einem weiteren Kaffeehaus im ersten Bezirk. Auch hier wird bereits beim Eingang nach einem der drei G gefragt. Der Testnachweis wird minutiös kontrolliert, der Gast zum Tisch geleitet. Ohne Nachweis einer zumindest drei Wochen zurückliegenden Impfung, eines negativen Tests, der nicht älter als 48 Stunden ist, oder der Bestätigung einer überstandenen Covid-Erkrankung nicht älter als sechs Monate kommt niemand ins Lokal. Am Tisch dann die Bitte, sich zu registrieren, um gegebenenfalls über ein Infektionsrisiko informiert werden zu können.

Schnitzerl und andere Speisen und Getränke werden – wenn alles mit rechten Dingen zugeht – erst nach einem Nachweis des Status serviert.
Foto: APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Auch bei einem Irish Pub in der Wiener Innenstadt gibt es keinen Einlass ohne den – vom Gast zuhause vergessenen – Impfnachweis. "Wegen Leut wie dir haben wir ein ganzes Kastl voll Tests", sagt die Kellnerin energisch und reicht ein Testkit durch die offene Tür. Mit dem negativen Ergebnis gibt es dann auch das Bier. Ähnlich die Erfahrungen in einem Restaurant in Wien-Döbling. Der Kellner beobachtet durch die Glastür, dass sich die Gäste nähern, und kommt den Kunden entgegen, um festzustellen, welches der drei G den Eintritt erlaubt. Ein vergessener Impfpass erweist sich als Hürde. Ein Foto desselben reicht nicht aus, das Original muss her. Oder zumindest ein Nachweis, dass das Foto der eingetragenen Astra-Zeneca-Impfung und das Foto mit dem im Pass eingetragenen Namen auch dem selben Pass entstammen. Den Tisch hält der Kellner frei, die Gäste müssen aber noch einmal rasch nachhause fahren, um den Impfpass abzuholen.

Dieser Gast hat seinen gelben Impfpass dabei.
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Die Stimmung ist bei einigen Gastronomen dennoch getrübt. Mittags Flaute, abends mäßig. So fasst Wirtin Alexandra Richter den Geschäftsgang seit der Wiedereröffnung vor knapp zwei Wochen zusammen. Der erste Ansturm habe bloß drei Tage angehalten. "Das ist dann gleich wieder abgeflaut", klagt die Betreiberin vom Gasthaus zur Gruabn in Wien-Landstraße. "Das spontane Geschäft ist komplett weg." Sie bestätigt damit Pulkers Einschätzung, dass Homeoffice und das Wetter dafür sorgen, dass mancherorts das Geschäft zu wünschen übrig lasse. Zudem würden viele Menschen das Essen immer noch lieber abholen, um es zu Hause zu verspeisen.

Damit fällt allerdings das lukrativere Geschäft mit den Getränken weg. Probleme mit der Drei-G-Regel hat Richter nur insofern, als sie sie zumindest im Gastgarten für überflüssig hält. Gastro-Obmann Pulker ortet mangelnde Sensibilität bei manchen Kontrollorganen. So hätte ihm ein Gastronom aus St. Pölten berichtet, dass sich zwei Zivilpolizisten unter die Gäste gemischt und zwei Neuankömmlinge, kaum dass sie Platz genommen hatten, kontrolliert hätten. Just diese beiden hatten keinen Test. Anzeigen gab es dann sowohl für die Gäste als auch für den Gastronomen, sagt Pulker. Der Obmann der Gastro-Sparte findet, dass dabei übers Ziel hinausgeschossen wurde: "Es steht ja nirgendwo, dass ich einen Türsteher haben muss." (Regina Bruckner, Andreas Danzer, Alexander Hahn, Verena Kainrath, Günther Strobl, Aloisyius Widmann, 1.6.2021)