Nuklear-Anlage zur Urananreicherung bei Natanz im Iran (Foto aus 2007).

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Wien – Im Atomstreit mit dem Iran stehen die Zeichen wieder verstärkt auf Konfrontation. Teheran verfügt laut einer Schätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über 2,4 Kilogramm an fast waffentauglichem Uran. Der Staat habe dieses Material mit einem Reinheitsgrad von bis zu 60 Prozent seit April hergestellt, berichtete die IAEA am Montag. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte sich vorige Woche sehr besorgt über die Entwicklungen in der Islamischen Republik.

Iran erhöht Druck

Grossi wies darauf hin, dass nur Atomwaffenstaaten Uran bis zu einem so hohen Grad anreichern. Teheran hat in den vergangenen Monaten verschiedene Schritte gemacht, um in den Wiener Verhandlungen zur Rettung des Atomabkommens von 2015 Druck aufzubauen. Die Arbeit der IAEA-Inspektoren wurde stark eingeschränkt und die Uran-Anreicherung vorangetrieben. Laut dem Abkommen darf der Iran nur Material mit weniger als vier Prozent Reinheit herstellen, um damit Atomreaktoren zu betreiben.

Für Nuklearwaffen sind zwar rund 90 Prozent nötig, doch kann solches Material theoretisch sehr rasch aus 60-prozentigem Uran hergestellt werden. "60 Prozent sind fast waffentauglich", hatte Grossi vorige Woche der "Financial Times" gesagt. Teheran argumentiert, dass es hochangereichertes Uran für medizinische Zwecke brauche.

Maßnahmen

Der Iran besitzt laut dem IAEA-Bericht mehr als 3200 Kilogramm Uran in verschiedenen Anreicherungsstufen – fast 16 mal so viel wie das Atomabkommen erlaubt. Zusätzlich enthielt der Bericht eine lange Liste an Einschränkungen für IAEA-Inspektoren. Sie dürfen demnach nicht mehr täglich wichtige Atomanlagen besuchen, und sie können nicht mehr den Bau von Anreicherungs-Zentrifugen und die Herstellung von Uranerz überwachen.

In einem weiteren Bericht zeigte sich Grossi am Montag "tief besorgt", dass der Iran keine Auskunft über den Verbleib von nuklearem Material gebe, das an geheimen Orten gelagert oder verwendet worden war.

Wiener Verhandlungen

Das Fazit der IAEA-Kontrolleure könnte die Wiener Verhandlungen über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran ausbremsen. Das 2015 geschlossene Atom-Abkommen steht auf der Kippe, seit es die USA 2018 unter Ex-Präsident Donald Trump einseitig aufkündigten und gegen den Iran wieder Sanktionen in Kraft setzten. Die Regierung in Teheran zog sich ihrerseits schrittweise aus Verpflichtungen der Vereinbarung zurück. Trumps Nachfolger Joe Biden hat Interesse an einem Wiedereinstieg signalisiert, erwartet dafür jedoch, dass der Iran seine Auflagen unter anderem zur Uran-Anreicherung wieder erfüllt. (APA, dpa, 31.5.2021)