Laura Kövesi leitet die Europäische Staatsanwaltschaft.

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Brüssel – Die Europäische Staatsanwaltschaft (Eppo) nimmt am Dienstag in Luxemburg unter der Leitung der rumänischen Korruptionsjägerin Laura Kövesi offiziell ihre Arbeit auf. Die EU-Behörde soll Straftaten im Zusammenhang mit dem EU-Budget wie Betrug und Korruption sowie schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug untersuchen, strafrechtlich verfolgen und vor Gericht bringen. Jedoch sind nur 22 der 27 EU-Staaten an Bord, darunter Österreich.

Eigentlich gibt es mit Olaf in der EU schon ein Instrument zur Betrugsbekämpfung. Allerdings kann das Amt selbst keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen einleiten, es meldet lediglich Verdachtsfälle an nationale Behörden. Das kann dazu führen, dass es – auch politisch motiviert – in vielen Ländern zu keiner Anklage kommt.

Ingrid Maschl-Clausen vertritt Österreich

Mit der Europäischen Staatsanwaltschaft soll sich das nun ändern. Wird etwa ein Verdachtsfall in Luxemburg gemeldet, entscheidet eine Kammer der EU-Staatsanwaltschaft darüber, Anklage zu erheben. Das Verfahren wird dann in dem betroffenen Staat nach der nationalen Strafprozessordnung geführt. Die teilnehmenden Staaten haben jeweils einen Staatsanwalt in die Behörde entsandt. Aus Österreich gehört die frühere Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ingrid Maschl-Clausen, dazu.

Zwischen 3.000 und 4.000 Fälle im Jahr wird die EU-Staatsanwaltschaft nach Einschätzung der EU-Kommission bearbeiten. Delikte wie Korruption, Bestechung, Geldwäsche oder Veruntreuung in Zusammenhang mit EU-Geldern stehen dabei auf der Agenda. Der Mindestverfahrenswert liegt mit einigen Ausnahmen bei mindestens 10.000 Euro. Der Schaden durch die gegen das EU-Budget gerichteten Betrugsfälle belief sich 2017 auf 500 Millionen Euro.

Den Schaden bei grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug schätzt die EU auf 30 bis 60 Milliarden Euro. Auch bei diesem Delikt sollen die Ermittler tätig werden, sofern es um Beträge über zehn Millionen Euro geht.

Corona-Hilfe genau beobachten

Und um viel Geld geht es beim Corona-Wiederaufbaufonds. Rund 750 Milliarden Euro werden demnächst an die EU-Staaten vergeben, die Zahlungen aus dem EU-Budget werden sich dadurch quasi verdoppeln. Dies erhöht die Betrugsgefahr deutlich. Die Behörde werde deshalb "mit Argusaugen" auch die Corona-Mittel im Blick haben, sagte Justizkommissar Didier Reynders der Nachrichtenagentur AFP. Sie werde "sicherstellen, dass das Geld in vollem Umfang für die wirtschaftliche Erholung von der Krise verwendet wird".

Doch die EU-Staatsanwaltschaft wird nicht in allen Ländern das EU-Geld im Blick haben können. Neben Schweden, Dänemark und Irland bleiben auch die wegen Rechtsstaatsverletzungen unter Beobachtung stehenden Länder Polen und Ungarn der Staatsanwaltschaft fern.

Scharfe Kritik übte Kövesi unterdessen an Slowenien, das am 1. Juli die Ratspräsidentschaft übernehmen wird. Slowenien hat der Luxemburger Behörde noch keine Ankläger vorgeschlagen, was Kövesi als Behinderung ihrer Arbeit sieht. Die zwei vom slowenischen Justizministerium vor Monaten ausgewählten Kandidatinnen sollen dem konservativen Ministerpräsidenten Janez Janša nicht passen. Die Regierung ordnete in der Vorwoche eine Wiederholung des Auswahlverfahrens an, weshalb Justizministerin Lilijana Kozlovič zurücktrat. (APA, 1.6.2021)