Innsbruck – Der außergewöhnlich kühle Frühling rückt heuer verstärkt das Thema Altschneefelder in den Fokus. Die stellen schon in "normalen" Zeiten ein Risiko für Wanderer dar, halten sich im Gebirge aber heuer wohl länger als sonst, besonders Lawinenreste bleiben lange liegen, warnt der Österreichische Alpenverein: Viele überschätzen die Reibung auf hartem Firn und unterschätzen die Beschleunigung im Fall eines Sturzes.
"Bereits bei mäßiger Hangsteilheit erreichen wir bei fünf bis zehn Metern Rutschstrecke eine Geschwindigkeit, die nicht mehr kontrolliert werden kann. Bei einem Rutsch über einen 40 Grad steilen Firnhang erreicht man beinahe freie Fallgeschwindigkeit", gibt Michael Larcher, Leiter der Bergsportabteilung im Alpenverein, zu bedenken. Und weiter: "Auch bereits flachere Hänge mit 30 Grad Neigung bergen ein Risiko, welches den wenigsten Wanderern bewusst ist." Auf den eisigen Flächen kann man kaum mehr bremsen, auch wenn sie auf den ersten Blick gar nicht so steil wirken. "Ein Ausrutscher auf einem Schneefeld, das in felsdurchsetztes Gelände oder gar in einen Steilabbruch übergeht, kann schwerwiegende Folgen haben", sagt der Alpenvereinsexperte.
Risikoeinschätzung
Altschneefelder können ein guter Grund sein, eine Bergtour abzubrechen. In jedem Fall ist vor der Begehung eine kritische Risikoeinschätzung notwendig, empfiehlt der Alpenverein in einer Aussendung. Ebenso notwendig ist die Rücksichtnahme auf weniger trittsichere Tourenpartner und die Unterstützung von Kindern. Will man seinen Weg trotz Altschneefelds fortsetzen, sollte man ein paar Sicherheitsempfehlungen verinnerlicht haben. "Zum Queren eines Schneefelds sollten wenigstens die oberen zehn Zentimeter der Schneedecke aufgeweicht sein, damit man auch wirklich Tritte setzen kann", rät Bergsportexperte Larcher. "Gute Bergschuhe sind hier eine absolute Grundvoraussetzung."
Ein häufig zu beobachtender Fehler beim Queren von Schneefeldern sei die durch Unsicherheit ausgelöste Innenlage, heißt es. Günstig ist eine aufrechte Körperhaltung, die Hüfte leicht nach innen geknickt, der Körperschwerpunkt über dem talseitigen Schuh. Um das Gleichgewicht zu unterstützen, lässt man die Arme etwas abgespreizt oder verwendet Wanderstöcke, was noch effektiver ist.
Unterstützung
Eine weitere wertvolle Unterstützung bei rutschigem Untergrund sind sogenannte Snowspikes, die den Grip auf Schnee deutlich verbessern und die Ausrutschgefahr stark verringern. Snowspikes benötigen keine steigeisenfesten Bergschuhe und wiegen um die 250 Gramm, sie können einfach und schnell über den Wanderschuh gezogen werden und passen in jeden Rucksack.
Aber was tun, wenn man doch ins Rutschen gerät? Generell macht es Sinn, auf Schneefeldern mit Abrutschgefahr vollständig bekleidet und mit Handschuhen unterwegs zu sein. Wer auf einem Altschneefeld ausrutscht, muss sofort mit allen Mitteln versuchen, den Sturz zu bremsen. Je höher die Geschwindigkeit, desto schwieriger wird es, die Rutschfahrt zu stoppen.
Planung
Zum Bremsen sollte man sich auf den Bauch drehen und eine Liegestützstellung einnehmen: Arme und Beine sind leicht gespreizt, man stemmt die Schuhspitzen in den Schnee und krallt sich gleichzeitig mit den Händen fest. Am besten, man übt diese Bremstechnik im gefahrlosen Gelände.
Der Alpenverein rät Wanderern, sich vor jeder Tour sehr genau über die aktuellen Verhältnisse zu informieren. Wichtig ist zu bedenken, dass sich die Bedingungen je nach Hangausrichtung ändern können – etwa wenn ein Wanderweg von der Sonnseite in nordseitige Hänge führt. Besondere Vorsicht ist mit Kindern geboten: Nur bei mäßiger Neigung und einem sanften Auslauf, der keine Steine aufweist, sind Schneefelder ein geeigneter Spielplatz. (red, 3.6.2021)