Janez Janša soll vorgeschlagen haben, die Grenzen von Bosnien und Herzegowina nach ethnischen Kriterien neu zu ziehen.

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Brüssel – Das Generalsekretariat des Europäischen Rats hält ein Dokument unter Verschluss, das sich auf ein umstrittenes "Non-Paper" über Grenzverschiebungen auf dem Westbalkan bezieht. Der slowenischen Premier Janez Janša soll darin vorgeschlagen haben, die Grenzen von Bosnien und Herzegowina nach ethnischen Kriterien neu zu ziehen – was kürzlich für heftige Kritik sorgte.

"Nach einer sorgfältigen Prüfung muss ich Sie informieren, dass wir keinen Zugriff auf dieses Dokument geben können", beantworte der zuständige Spitzenbeamte des Generalsekretariats eine APA-Anfrage nach der EU-Informationsfreiheitsverordnung. Er begründete das damit, dass die Herausgabe dieses einzigen seiner Institution vorliegenden Dokuments internationale Beziehungen gefährden würde.

Kurz vor slowenischer Ratspräsidentschaft

Laut dem slowenischen Portal necenzurirano.si, das Mitte April ein ungezeichnetes Dokument mit Vorschläge zu neuen Grenzen in Ex-Jugoslawien veröffentlichte, soll Janša dieses inoffizielle Papier unter Umgehung der Dienstpost Ratspräsident Charles Michel haben zukommen lassen. Offiziell wurde das nicht bestätigt.

Janša selbst ließ erklären, dass er "Non-Papers" und andere nichtexistierende Dinge nicht kommentiere. Die mutmaßlichen Dokumente hätten nichts mit der slowenischen Regierung zu tun, hieß es. Auf Twitter empörte sich Janša über die Medienberichte als "Export unglaublicher Lügen" (aus Slowenien nach Brüssel). In dem Dokument selbst heißt es, dass die Vorschläge abgestritten werden sollten, wenn sie öffentlich würden.

Da Slowenien am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt wäre eine Rolle des Landes bei der Verfassung und Verbreitung des informellen Papiers von besonderer Brisanz. Die darin artikulierten Ideen eines Großalbanien sowie der Vereinigung von mehrheitlich kroatisch und serbisch bewohnten Teilen von Bosnien-Herzegowina mit Kroatien und Serbien hatten zu heftigem Widerspruch geführt. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bezeichnete die Pläne als "vorgestrig" und bekräftige Anfang Mai bei einem Besuch in Sarajevo, dass die territoriale Integrität des bosnischen Staats unverhandelbar sei. (APA, 1.6.2021)