Tanken macht das Leben wieder teurer. Vor allem die gestiegenen Preise für Erdöl lassen die Inflation wieder ansteigen.

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Wien – Nach einer Teuerungsrate von 1,9 Prozent im April dürfte die Inflation in Österreich im Mai auf 2,8 Prozent geklettert sein. Davon geht die Statistik Austria in ihrer Schnellschätzung von Dienstag aus. Grund dafür ist, dass die Zeit günstigeren Erdöls, wie vor einem Jahr, nun vorbei ist. Im Vergleich zum Vormonat April dürfte das Preisniveau um 0,3 Prozent gestiegen sein, erklärte die Statistik. Die genauen Werte werden am 17. Juni bekanntgegeben.

"Der Anstieg der Verbraucherpreise um 2,8 Prozent lässt sich hauptsächlich auf die ungewöhnlich niedrigen Preise für Treibstoffe und Energie im Mai 2020 zurückzuführen. Da sich diese mittlerweile wieder erholt haben, entfällt die vormals preisdämpfende Wirkung", erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung.

Werte wie im 2012

Zuletzt war die Teuerungsrate in Österreich – mit ebenfalls 2,8 Prozent – im Jänner 2012 so hoch, hieß es aus der Direktion Volkswirtschaft der Statistik Austria auf APA-Anfrage. Ein Jahr danach, im Jänner 2013, erreichte die Inflation mit 2,7 Prozent beinahe diese Höhe.

Bei dem nach internationalen Kriterien für Eurozonen-Vergleiche errechneten Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) Österreichs geht die Statistik Austria für Mai von 3,0 Prozent Anstieg binnen Jahresfrist aus, wie es am Dienstag weiter hieß. Gegenüber dem Vormonat April erwartet die Schnellschätzung für den HVPI einen Anstieg um 0,2 Prozent.

Auch in anderen Ländern steigen die Inflationsraten derzeit wegen des statistischen Zwölfmonatseffekts. So hat das Statistische Bundesamt für Deutschland am Montag eine vorläufige Teuerungsrate von 2,5 Prozent für Mai bekanntgegeben – den höchsten Wert seit September 2011, also seit fast einem Jahrzehnt.

Wert steigt Europaweit

Die Inflation in der Eurozone zieht ebenfalls immer stärker an. Im Mai nahmen die Lebenshaltungskosten binnen Jahresfrist um 2,0 Prozent zu, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Dienstag nach einer Schnellschätzung mitteilte. Das ist das höchste Niveau seit Herbst 2018. Volkswirte hatten mit einem Anstieg der Verbraucherpreise von 1,9 Prozent gerechnet. Bereits im April waren die Preise um 1,6 Prozent geklettert.

Hinter dem Preisschub stehen insbesondere die Energiepreise, die im Mai wie schon im Vormonat deutlich zulegten. Die Europäische Zentralbank (EZB), die mittelfristig knapp unter zwei Prozent Inflation anstrebt, sieht den aktuellen Inflationsanstieg nur als eine vorübergehende und nicht nachhaltige Entwicklung. Bis jetzt gehen die Volkswirte der Notenbank davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr um 1,5 Prozent steigen werden. Für 2022 wird dann wieder eine geringere Inflationsrate von 1,2 Prozent erwartet. Der aktuelle Preisschub ist daher für die Währungshüter noch kein Grund, von ihrer Politik der weitoffenen Geldschleusen abzurücken.

Energie verteuerte sich im Mai binnen Jahresfrist um 13,1 Prozent. Die Preise für Industriegüter ohne Energie nahmen um 0,7 Prozent zu. Für Dienstleistungen mussten die Verbraucher im Mai 1,1 Prozent mehr bezahlen.

Sondereffekte

"Der Aufwärtstrend der Inflationsrate hat sich erwartungsgemäß fortgesetzt. Nach wie vor wird der Inflationsanstieg besonders von Basis- und Sondereffekten angetrieben", sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt vom Bankhaus Lampe. Wahrscheinlich werde die Inflationsrate zum Jahresende auf fast 3,0 Prozent gestiegen sein. Die EZB dürfte das freuen, da dies die Schuldentragfähigkeit erleichtert.

"Erstmals seit zweieinhalb Jahren erreicht die Teuerung in der Währungsunion wieder den Zielwert der EZB. Dies heizt die Spannung mit Blick auf die anstehende Ratssitzung am 10. Juni ordentlich an", erklärt Elmar Völker von der LBBW. Die Frage sei jetzt, ob die Währungshüter eine Debatte über den Ausstieg aus ihrer ultra-expansiven Geldpolitik aufnehmen. Wer jetzt als von Negativzinsen geplagter Sparer oder Rentenanleger bereits ein Ende der Niedrigzinspolitik am Horizont sieht, der dürfte aber enttäuscht werden. Rufe nach einem Überdenken des aktuellen geldpolitischen Kurses gibt es zwar aus den Reihen der EZB-Notenbanker, diese dürften jedoch einstweilen in der Minderheit bleiben. "Ein Grund hierfür ist nicht zuletzt die weiterhin gemäßigte Kerninflation", sagt Völker. Diese bildet eine wichtige Basis für die Einstufung des steilen Inflationsanstiegs als temporäres Phänomen seitens des EZB-Rats und bereitet den Boden für ein deutliches Wiederabsinken der Teuerung im kommenden Jahr. Aussichten auf eine Zinswende bleiben damit weit entfernt." (APA, Reuters 1.6.2021)