Das Ende des Lockdowns wirkt auf den Arbeitsmarkt durch. Die Arbeitslosigkeit ist im Mai weiter gesunken.

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Wien – Eine Allianz aus Betriebsräten, NGOs, Sozialwissenschaftern und Künstlern fordert im Rahmen des Volksbegehrens "Arbeitslosengeld rauf!" die Erhöhung der Ersatzrate des Arbeitslosengeldes von aktuell 55 auf 70 Prozent. Die Anpassung sei notwendig, um die während der Coronapandemie besonders stark gestiegene Armut und damit verbundene Existenzängste zu bekämpfen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Nun beginnt das Sammeln der nötigen 8.401 Unterstützungserklärungen.

"Während in den OECD-Ländern im Schnitt 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens ausbezahlt werden, hat Österreich mit 55 Prozent Ersatzrate ein sehr niedriges Arbeitslosengeld", sagte Irina Vana, Sozialwissenschafterin und Mit-Initiatorin des Volksbegehrens. Sie bezeichnete die aktuellen sozialen Zuwendungen für Arbeitslose als "unzureichend".

Das diskutierte degressive Modell, bei dem das Arbeitslosengeld mit der Dauer der Arbeitslosigkeit abgesenkt wird, würde zudem einen Niedriglohnsektor schaffen, in dem Arbeitnehmer dauerhaft an der Grenze zur Armutsgefährdung leben würden. "Denn weniger Arbeitslosengeld bedeutet nicht, dass Menschen schneller Jobs annehmen, sondern zum Ergreifen schlecht bezahlter Jobs gedrängt werden", sagte Vana. Die schrittweise Kürzung der Sozialleistungen sei daher abzuschaffen.

Arbeitslosigkeit unter 400.000er-Marke

Ein Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt, dass die Öffnungsschritte weiterhin Wirkung zeigen. Die Arbeitslosigkeit ist im Mai weiter gesunken. Mit 392.360 arbeitslos gemeldeten bzw. in Schulung befindlichen Personen wurde Ende Mai die 400.000er-Grenze nach langer Zeit wieder unterschritten. Am Höchststand der Corona-Pandemie, im April 2020, waren fast 600.000 Menschen auf Arbeitssuche.

Verglichen mit dem Stand vom Mai 2019, hinterlässt die Krise jedoch nach wie deutlich ihre Spuren. Rund 49.000 Personen weniger waren damals auf Jobsuche. Dennoch zeigt der Trend nach oben. Im Jänner 2021 waren es allerdings noch um rund 110.000 Personen mehr als 2019.

"Die Monatsbilanz zeigt eine deutliche Entspannung im Vergleich zum Vormonat. Die Effekte gehen zurück auf die Öffnungen in Gastronomie, Tourismus, im Kunst- und Sportbereich", kommentierte Arbeitsminister Martin Kocher am Dienstag die aktuellen Arbeitslosenzahlen bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Arbeitslosigkeit sei "noch hoch", habe sich aber "deutlich reduziert" seit Beginn der Corona-Krise. Erfreut zeigte sich Kocher über den sprunghaften Anstieg der sofort verfügbaren Stellen. Dies würde "die sehr starke Dynamik" am Arbeitsmarkt zeigen.

Kurzarbeit

In den nächsten Wochen erwartet der Arbeitsminister einen leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen und dann eine Stagnation, weil es Effekte durch das Zurückfahren der Kurzarbeit geben wird. Ende Mai waren noch rund 330.000 Personen zur Kurzarbeit angemeldet.

Diese Zahl könne man aber erst im Nachhinein beurteilen, weil viele Betriebe die Mitarbeiter aus Vorsicht zur Kurzarbeit angemeldet hätten. Kocher rechnet damit, dass die Zahl der Kurzarbeitenden bis Ende des Sommers auf 100.000 bis 120.000 fallen wird. Die Phase 4 der Corona-Kurzarbeit läuft Ende Juni aus. Über eine mögliche weitere Verlängerung wird zwischen Arbeits- und Finanzministerium sowie den Sozialpartnern noch verhandelt.

Nach dreimaliger Verlängerung ohne tiefgreifende Änderungen will Kocher, wie berichtet, eine Kostenbeteiligung für Unternehmen einführen. Weiters ist anvisiert, die Mindestarbeitszeit zu erhöhen, stärkere Anreize für Weiterbildung zu setzen und die Gründe für Kurzarbeit strenger zu überprüfen. (red, APA, 1.6.2021)