Die EU-Parlamentarier wollen eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission beim EuGH einbringen.

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Brüssel/Warschau/Budapest – Das EU-Parlament will in Sachen Schutz der Rechtsstaatlichkeit eine Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbringen. Eine von den Abgeordneten im März gesetzte Frist, den neuen Mechanismus auch tatsächlich anzuwenden, läuft am Dienstag aus. Der Rechtsstaatsmechanismus für das neue EU-Budget gilt seit Jahresbeginn.

"Bis jetzt hat die EU-Kommission keine schriftlichen Benachrichtigungen an Staaten verschickt, um erste Schritte bei systematischen Defiziten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zu setzen", beklagte die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath am Dienstag. Das Parlament werde nun eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission vor dem EuGH einbringen. "Wir verlangen, dass unser Ko-Gesetzgeber endlich mit uns gemeinsam für den Schutz des Rechtsstaats einsteht", sagte Vollath.

Vorwurf der Verschleppung

"Seit Anfang des Jahres hat es die EU-Kommission versäumt, den Rechtsstaatsmechanismus anzuwenden. Die Untätigkeit der Kommission nützt denen, die die EU lediglich als Bankomat betrachten und gleichzeitig die Demokratie und den Rechtsstaat untergraben", sagte die grüne Delegationsleiterin Monika Vana. Das Europaparlament setzt sich dafür ein, "dass EU-Gelder nicht den antidemokratischen Selbstermächtigungsversuchen eines Viktor Orbán nützen, und wird deswegen die Kommission vor dem EuGH wegen Untätigkeit klagen. Wer die Grundrechte verletzt, muss finanziell von der EU sanktioniert werden."

Auch wenn die EU-Kommission zugesagt habe, das Gesetz rückwirkend anzuwenden, sei das nicht genug, sagte Vollath. "Auch die noch in Ausarbeitung befindlichen Umsetzungsrichtlinien sind für die Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus nicht notwendig. Ab sofort darf kein Geld mehr an Staaten fließen, die EU-Gelder dazu nutzen, die Rechtsstaatlichkeit weiter einzuschränken. Denn der damit einhergehende Schaden – der wachsende Druck auf Justizsysteme, Medienlandschaft und die Zivilgesellschaft – ist rückwirkend schwer wiedergutzumachen." Das sehe man in Polen und Ungarn. Das Vorgehen der Kommission lege den Verdacht nahe, man wolle die Anwendung gezielt verschleppen. (APA, 1.6.2021)