Eine Bergwanderung der niederösterreichischen FPÖ mit Klubchef Kickl endete inmitten zahlreicher Funklöcher mit pausenlos klingelnden Handys und sprachlosen Funktionären.

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Nicht nur in den Innenpolitikredaktionen des Landes, auch in der FPÖ selbst hat der Rücktritt von Parteichef Norbert Hofer Chaos ausgelöst. Weite Teile der Blauen wurden davon unvorbereitet getroffen – wohl nicht zuletzt deshalb, weil der Rücktritt erst getwittert, gelöscht, dann der Tageszeitung "Österreich" verkündet und schließlich per Aussendung ausgeschickt wurde.

Eine Bergwanderung der niederösterreichischen FPÖ mit Klubchef Herbert Kickl endete jedenfalls inmitten zahlreicher Funklöcher mit pausenlos klingelnden Handys und sprachlosen Funktionären. Kickl und die anderen Funktionäre saßen gerade in der Waxriegelhütte auf 1.361 Meter Höhe, als sie die Nachricht erreichte.

Kickl und FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz fuhren daraufhin zusammen nach Wien, um die Lage zu sondieren und Gespräche mit den Landesparteien zu führen, berichtete Helmut Fiedler, Vizechef der FPÖ Neunkirchen und Organisator der Bergwanderung. Mehrere Landesparteien hatten sich nach Hofers Rücktritt rasch für einen – zumindest informellen – Parteichef Kickl ausgesprochen.

Kickl zeigt Verständnis für Hofer

Am Dienstagabend meldete sich Kickl dann via Aussendung zu Wort. Er respektiere Hofers Entscheidung. "Ich habe Verständnis für die enorme, auch gesundheitliche, Belastung", die in den letzten Jahren auf dessen Schultern gelastet habe. Kickl zolle Hofer Dank und Anerkennung für die Aufbauleistung nach der Ibiza-Affäre.

Kickl werde nun mit den Mitgliedern des Parteipräsidiums Kontakt aufnehmen, um die nächsten Schritte zu beraten. "Ziel muss es sein, umgehend die volle Handlungsfähigkeit der FPÖ wiederherzustellen und die vorhandene Geschlossenheit nach außen klar zu dokumentieren." Der unter Hofer eingeleitete "Aufwärtstrend in starkem Verbund zwischen den Landesparteien und der Bundespartei" solle fortgeführt werden. "Ich selbst bin bereit, meinen Beitrag dazu zu leisten."

Überhastete Aussendungen

Am Telefon waren kaum Funktionäre zu erreichen, on the record sprachen noch weniger. Einer von ihnen, der Welser FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl, wirkte überrascht: "Ich bin jedenfalls nicht involviert gewesen", sagte er zum STANDARD, und Ambitionen für die Nachfolge habe er auch nicht.

Über eine Stunde nach dem Rücktritt kamen dann doch die ersten Aussendungen von FPÖ-Funktionären, die eher eilig zusammengeschustert wirkten. Erster war der Wiener FPÖ-Chef und Stadtrat Dominik Nepp, der mit milden Worten "den persönlichen Entschluss" Hofers "respektiert". Dazu Dankesworte: "Er hat sich in einer unglaublich schwierigen und herausfordernden Situation bereiterklärt, die Partei zu übernehmen, und sie in den Umfragen bei 20 Prozent stabilisiert. Für diese Leistung gebührt ihm große Anerkennung." Wie es weitergehe, werde nun in den Bundesgremien entschieden.

Nur unwesentlich umfassender die Reaktionen aus der Steiermark: "Die steirischen Freiheitlichen respektieren diese persönliche Entscheidung und danken Hofer für sein unglaubliches Engagement als Bundesparteiobmann", heißt da in der Aussendung der steirischen FPÖ und von deren Chef Mario Kunasek. Auch hier der Hinweis auf die 20 Prozent, auch hier der Hinweis auf die Bundesparteigremien.

Noch einmal eineinhalb Stunden später folgte die mit Spannung erwartete Reaktion aus Oberösterreich – immerhin hatte sich der dortige Parteichef Manfred Haimbuchner erst kürzlich offen hinter Hofer und gegen Kickl gestellt. Enthalten waren ausschweifende und taktvolle Dankesworte, jedoch kein Wort über eine etwaige Nachfolge. Ein Auszug: "Norbert Hofer hat die Partei strategisch dorthin gestellt, wo sie meinem Selbstverständnis nach hingehört: rechts der Mitte, mit einer bürgerlichen Ausrichtung und sowohl regierungs- als auch koalitionsfähig".

Reaktionen aus anderen Bundesländern

Ein Rundruf der APA fing am frühen Abend weitere Reaktionen ein: Für den Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer ist Hofers Abgang "sehr, sehr überraschend" gekommen, sagt dieser. Und geht ins Detail: "Gestern Abend habe ich nach der Sitzung noch mit ihm telefoniert und einen Termin für nächste Woche ausgemacht. Verstehe ich nicht." Zur Nachfolge sagte Angerer, man müsse die Situation bewerten und dann eine Entscheidung treffen: "Aber wenn Kickl die Partei übernehmen will, halte ich ihn für einen möglichen Obmann."

Derzeit sieht Angerer zwar keinen anderen Bewerber, "aber es ist eine neue Situation". Man werde das im Bundesparteivorstand besprechen: "Jetzt wird einmal der Stellvertreter übernehmen, das ist meines Wissens eh der Herbert Kickl, dann wird es einen Parteitag brauchen und Neuwahlen."

Vorsichtige Stimmen für Kickl

Ähnlich Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger, der sich ebenfalls überrascht von Hofers Rücktritt zeigte. "Sein heute verkündeter Rücktritt als Parteiobmann kommt sehr unerwartet, aber seine persönliche Entscheidung ist zur Kenntnis zu nehmen", meinte Abwerzger. Für ihn stehe fest, dass nun Hofers erster Stellvertreter Kickl die Agenden übernehmen soll, bis der Parteitag einen neuen Obmann oder eine neue Obfrau wähle.

Der burgenländische Parteichef Alexander Petschnig hatte sich zuvor gegenüber der APA ebenfalls bei Hofer dafür bedankt, dass er "in einer schwierigen Zeit Verantwortung übernommen hat". Petschnig sprach sich für Kickl als Parteichef aus. Die FPÖ habe sich nach zwei schwierigen Jahren in den Umfragen wieder verbessert. Grund dafür sei die "kantige Oppositionspolitik, die mit dem Namen Kickl in Verbindung steht".

Aus Niederösterreich meldete sich am Abend Udo Landbauer zu Wort: Auch ihn habe die Entscheidung überrascht, auch er respektiere sie und warte auf die Entscheidung der Gremien. Salzburgs Marlene Svazek zeigte sich ebenfalls "überrascht".

Nachfolge offen

Wer Hofer nun nachfolgt, ist freilich noch offen. Orchestriert wird die Suche nach dem Nachfolger vom Abgeordneten Harald Stefan, er ist Hofers dienstältester Stellvertreter und damit laut Statuten bis zur Entscheidung mit dessen Aufgaben betraut.

Er kündigte an, er werde umgehend Kontakt mit den weiteren Mitgliedern des Bundesparteipräsidiums aufnehmen, damit die zuständigen Gremien unverzüglich zusammentreten, um über die Nachfolge zu beraten. Hofers Rücktritt sei für die gesamte Partei überraschend gekommen, sagte auch Stefan in einer Aussendung. (elas, mro, APA, 1.6.2021)