Unter Umständen können auch Kinder selbst haften. Etwa dann, wenn eine Haftpflichtversicherung den Schaden deckt.

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Manchmal beschäftigen sich Höchstgerichte auch mit den Kleinsten: Die Klage auf Schadenersatz eines Neunjährigen gegen einen Achtjährigen wegen Körperverletzung schaffte es bis zum Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser verneinte die Haftung des beklagten Kindes (OGH 21.4.2021, 1 Ob 74/21w).

Der Achtjährige hatte sich von einer Gruppe von insgesamt fünf rund neuneinhalb Jahre alten Kindern eingeschüchtert gefühlt, weil sie ihm mit Ästen drohten. Er nahm daraufhin selbst einen Zweig und warf ihn in Richtung der Gruppe. Dabei verletzte er einen Neunjährigen am Auge.

Keine vorwerfbare Handlung

Dieser klagte und bekam in der ersten Instanz zunächst recht. Das Berufungsgericht hob die Entscheidung aber auf. Das beklagte Kind sei deliktsunfähig, daher könne ihm das Verhalten auch nicht vorwerfbar sein. Der Oberste Gerichtshof bestätigte nun die Entscheidung.

Laut Höchstgericht hätte dem Kind bewusst sein müssen, "dass eine Person, auf die man einen harten Gegenstand wirft, dadurch verletzt werden kann". Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Achtjährige den Ast nur deshalb in Richtung der Gruppe warf, weil er sich selbst bedroht fühlte. Dazu komme, dass nicht festgestellt werden konnte, ob er den Ast gezielt gegen den Neunjährigen geworfen hatte. Dem deliktsunfähigen Kind konnte die Handlung daher nicht als Verschulden vorgeworfen werden.

Auch Kinder können haften

Schadenersatz kann nur gegen Personen geltend gemacht werden, denen ihre Handlungen auch vorwerfbar sind. Diese Deliktsfähigkeit beginnt mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Davor haften Kinder grundsätzlich nicht. Zumeist richten sich Klagen daher gegen die Eltern, die allerdings nur dann zahlen müssen, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

Scheidet auch ein Schadenersatzanspruch gegenüber den Erziehungsberechtigten aus, kann unter Umständen dennoch das Kind selbst haftbar gemacht werden. Die sogenannte "Billigkeitshaftung" setzt voraus, dass dem Kind die Unrechtmäßigkeit der Tat bewusst war. Eine Haftung kommt auch dann infrage, wenn eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde. Dass eine solche Versicherung den Schaden gedeckt hätte, hat der Kläger im aktuellen Fall allerdings nicht nachgewiesen. (japf, 3.6.2021)