Festivaldirektor Thierry Fremaux (li.) gibt (im Beisein von Pierre Lescure) bei einer Pressekonferenz in Paris die Auswahl für die diesjährigen 74. Filmfestspiele von Cannes bekannt.

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Paris – Ein Aufgebot der großen, arrivierten Namen des Weltkinos, von Nanni Moretti, Wes Anderson, Asghar Farhadi bis Apichatpong Weerasethakul oder Mia Hansen-Love: Am Ende der Programmpräsentation des 74. Filmfestivals von Cannes hatte man den Eindruck, dass sich mit diesen Filmen locker gleich zwei Großveranstaltungen bestücken ließen.

Nach eineinhalb Jahren Pandemie – 2020 wurde das Festival abgesagt – war der Stau an Arbeiten so groß, dass die Auswahlkommission aus dem Vollen schöpfen konnte. Anders formuliert: Man hatte die Qual der Wahl. Gleich 24 Filme umfasst der Wettbewerb, hinzu kommt die neue Schiene Cannes Premiere mit weiteren zehn, keineswegs kleinkalibrigen Arbeiten, darunter die Britin Andrea Arnold, Oliver Stone oder Regiedebütantin Charlotte Gainsbourg. In die Nebensektion Un Certain Regard wurden mit Sebastian Meises The Great Freedom und Moneyboys von C. B. Yi gleich zwei österreichische Produktionen eingeladen. Beide erzählen von den Kämpfen homosexueller Männer. Ulrich Seidls neuer Film Böse Spiele fand sich indes nicht im Aufgebot.

Weniger Gäste aus Übersee

Den Auftakt macht Leos Carax’ Musical Annette mit Adam Driver und Marion Cotillard (sowie einem Sparks-Soundtrack) am 6. Juli. Von da an reiht sich Spitzentitel an Spitzentitel: Verhoevens lang erwarteter Benedetta über eine lesbische Nonne, Jacques Audiards Les Olympiades, für den Céline Sciamma eine Graphic Novel adaptiert hat, Morettis Literaturverfilmung Tre piani oder Kirill Serebrennikows Petrov’s Flu. Aus den USA kommen neben Wes Andersons The French Dispatch auch Sean Penns Flag Day, in dem er neben seiner Tochter Dylan zu sehen ist, und Sean Bakers Red Rocket über einen abgehalfterten Pornostar. Todd Haynes Dokumentarfilm über The Velvet Underground wird als Special Screening gezeigt. Auch die französischen Regisseure Bruno Dumont und François Ozon haben Filme im Wettbewerb-Line-up.

Direktor Thierry Frémaux hatte hartnäckig daran festgehalten, das Festival physisch abzuhalten. Aufgrund der auch in Frankreich rückläufigen Corona-Zahlen wird es nun ein fast normales Festival – Branchengäste aus Übersee werden freilich weniger zahlreich anreisen als sonst. Nach einem für das Kino ruppigen Jahr soll das Festival auch einen kraftvollen Neuanfang signalisieren. Die Jury übernimmt mit Spike Lee erstmals ein schwarzer Regisseur. Jodie Foster wird für ihr Lebenswerk geehrt. Die 74. Filmfestspiele finden coronabedingt mit Verspätung statt, von 6. bis 17. Juli. (kam, 3.2.2021)

Die bekannt gegebenen Wettbewerbsfilme:

  • "Annette" von Leos Carax (Eröffnungsfilm)
  • "Tout S'est Bien Passé" von François Ozon
  • "A Hero" von Asghar Farhadi
  • "Tre Piani" von Nanni Moretti
  • "Titane" von Julia Ducournau
  • "The French Dispatch" von Wes Anderson
  • "Red Rocket" von Sean Baker
  • "Petrov's Flu" von Kirill Serebrennikov
  • "France" von Bruno Dumont
  • "Nitram" von Justin Kurzel
  • "Memoria" von Apichatpong Weerasethakul
  • "Les Olympiades" von Jacques Audiard
  • "Benedetta" von Paul Verhoeven
  • "La Fracture" von Catherine Corsini
  • "The Restless" von Joachim Lafosse
  • "Lingui" von Mahamat-Saleh Haroun
  • "The Worst Person In The World" von Joachim Trier
  • "Bergman Island" von Mia Hansen-Love
  • "Flag Day" von Sean Penn
  • "Drive My Car" von Ryusuke Hamaguchi
  • "Ahed's Knee" von Nadav Lapid
  • "Casablanca Beats" von Nabil Ayouch
  • "Compartment No. 6" von Juho Kuosmanen
  • "The Story Of My Wife" von Ildiko Enyedi