Die Betriebsfeuerwehr und die Feuerwehr Hallein setzten zum Niederschlagen des Gases am Werksgelände Wasser ein.

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Hallein – Nach einem Chemieunfall in der Firma Austrocel in Hallein (Tennengau), bei dem am Mittwoch ein Mitarbeiter ums Leben gekommen und Schwefeldioxid ausgetreten war, haben die Grünen am Donnerstag eine zu langsame Information der Bevölkerung kritisiert. Zudem sei kein Zivilschutzalarm ausgelöst worden. Der Tennengauer Bezirkshauptmann Helmut Fürst verwies hingegen darauf, dass die Bevölkerung "unverzüglich mittels Lautsprecherdurchsagen gewarnt" worden sei.

Gasdruckleitung aufgerissen

In der Zellstoffkocherei war am Mittwoch aus unbekanntem Grund eine Gasdruckleitung aufgerissen. Ein Arbeiter wurde vom knapp 170 Grad heißen Schwefeldioxid getroffen und tödlich verletzt. Der Austritt des Schwefeldioxids selbst konnte rasch gestoppt werden. Die Betriebsfeuerwehr und die Feuerwehr Hallein setzten zum Niederschlagen des Gases am Werksgelände Wasser ein und stationierten Posten in der Nachbarschaft, die die Bevölkerung informierten.

Grüne kritisieren mangelnde Infos

Kimbie Humer-Vogl, Grüne Stadträtin in Hallein und Klubobfrau im Landtag, berichtete am Donnerstag, zahlreiche Bürger seien "stundenlang völlig ahnungslos" gewesen, dass es einen Unfall gegeben hat. Es sei kein Zivilschutzalarm ausgerufen worden, die Warnapps seien nicht zum Einsatz gekommen. "Viele Menschen waren da bereits unterwegs zum Arbeitsplatz, Kinder auf dem Schulweg. Die Dämpfe haben nicht nur in der Nachbarschaft sondern im ganzen Stadtgebiet zu Hustenreiz geführt, der Geruch wurde bis nach Oberalm wahrgenommen", so Humer-Vogl.

Bürgermeister: "Politisches Kleingeld"

Der Halleiner Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) warnte nach der Kritik der Grünen im Gespräch mit der APA davor, nach einem tragischen Unfall "auf dem Rücken eines Toten politisches Kleingeld zu machen". Es müsse natürlich Aufklärung geben, das sei aber Aufgabe der Polizei und der Staatsanwaltschaft.

Er verwies darauf, dass die Betriebsfeuerwehr 14 Minuten nach dem Unfall bereits in den umliegenden Gebieten die Bevölkerung gewarnt habe – die Leute wurden unter anderem angewiesen, Fenster und Außentüren zu schließen sowie nasse Tücher bereitzuhalten. In den weiter entfernten Arealen sei laut Seveso III-Richtlinie, die die Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen regelt, keine Gesundheitsgefährdung mehr zu befürchten gewesen, lediglich eine Geruchsbelästigung.

Ob die Sirene in Gang gesetzt und Zivischutzalarm ausgerufen werde, könne nicht er entscheiden, so Stangassinger. Das liege in der Hand der Bezirkshauptmannschaft bzw. des Katastrophenschutzreferenten des Landes. Er selbst habe noch angeregt, dass die Keller stichprobenweise überprüft werden. Das sei auch gemacht worden, am späten Nachmittag habe es diesbezüglich Entwarnung gegeben.

Bezirkshauptmann verweist auf Evaluierung

"Laut uns vorliegenden Informationen wurde die möglicherweise betroffene Bevölkerung durch die Firma Austrocel gemäß dem Alarmplan unverzüglich mittels Lautsprecherdurchsagen gewarnt", betonte Bezirkshauptmann Fürst in einer Stellungnahme an die APA. Die zuständigen Beamten seien sehr rasch vor Ort gewesen.

Aber natürlich nehme man Anregungen ernst und "wie immer nach einem solchen Einsatz" werde dieser ebenso wie die Alarmpläne evaluiert. Fürst betonte, dass es sich "um einen sehr tragischen Unfall, der derzeit untersucht wird", gehandelt habe und sprach den Hinterbliebenen des getöteten Arbeiters sein Mitgefühl aus.

Der Leiter des Referates Immissionsschutz des Landes, Alexander Kranabetter, sagte dem ORF-Radio Salzburg, es sei durch rasches Handeln knapp eine Umweltkatastrophe verhindert worden. Die Werte seien sehr schnell angestiegen. In der Umgebung des Unglücksortes seien sogar die höchsten SO2-Werte der Messgeschichte festgestellt und der Grenzwert um das 60-fache überschritten worden. "Allerdings sind die Werte genauso schnell wieder gefallen, wie sie angestiegen waren. Und gegen 8 Uhr war alles wieder quasi im grünen Bereich." (APA, 3.6.2021)