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Der europäische Gerichtshof in Luxemburg.

Foto: AP / Geert Vanden Wijngaert

EU-weit/Brüssel/Luxemburg – Ungarn ist mit einer Klage gegen das laufende EU-Verfahren zu Vorwürfen um schwerwiegende Grundwerte-Verstöße gescheitert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Donnerstag, dass die zu dem Verfahren gegen Ungarn führende Entscheidung des Europaparlaments aus dem Jahr 2018 rechtmäßig getroffen wurde. Die Regierung in Budapest hatte dies angezweifelt und deswegen Klage eingereicht. Der Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP) forderte Ungarn zur Einhaltung von "EU-Standards" auf.

Konkret stellte sich Ungarn auf den Standpunkt, dass bei der Berechnung des Abstimmungsergebnisses zu der Entscheidung auch die Enthaltungen hätten berücksichtigt werden müssen. Dann wäre der Beschluss nämlich nicht zustande gekommen.

Enthaltungen werden nicht mitgezählt

Die Richter des EuGH wiesen die Sichtweise Ungarns nun allerdings klar zurück. Demnach ist der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union so auszulegen, dass die Enthaltungen von Abgeordneten nicht für die Feststellung zählen, ob die in Artikel 354 genannte Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erreicht ist. Die fragliche Entschließung war mit 448 Ja- und 197 Nein-Stimmen bei 48 Enthaltungen angenommen worden.

Mit dem laufenden Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags soll die ungarische Regierung dazu bewegt werden, die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Zudem sind unter anderem Minderheitenrechte und die Situation von Migranten und Flüchtlingen ein Thema.

Theoretisch könnte das Verfahren mit einem Entzug von EU-Stimmrechten für Ungarn enden. Dies gilt allerdings derzeit als höchst unwahrscheinlich, da es im zuständigen EU-Ministerrat große Abstimmungshürden gibt und bisher noch nicht einmal offiziell festgestellt werden konnte, dass in Ungarn die "eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung" von EU-Werten besteht. Der Regierung in Ungarn ist das Verfahren aber dennoch ein Dorn im Auge, weil sie die zugrunde liegenden Vorwürfe als haltlos ansieht.

Der österreichische Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP) via Twitter.

Asylanträge aus Ungarn nicht mehr generell verboten

Nach dem Urteil des EuGH gibt es zudem auch rechtliche Konsequenzen. So hielten die Richter explizit fest, dass mit dem Verfahren das für andere Mitgliedstaaten geltende Verbot entfällt, einen von einem ungarischen Staatsangehörigen gestellten Asylantrag zu berücksichtigen oder zur Bearbeitung zuzulassen.

Der österreichische Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP), einer der Parlaments-Vize-Präsidenten, twitterte in Reaktion auf die Klagsabweisung: Der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor "Orban muss endlich wieder EU-Standards bei der Freiheit der Justiz, der Medien und der Wissenschaft einhalten – genauso wie jedes andere EU-Land." Er fügte hinzu: "Wer d Boden unserer Werte wie Demokratie & Rechtsstaatlichkeit verlässt, kann sich nicht mit Tricks aus der Verantwortung stehlen. Um das künftig zu unterbinden, wurde der Rechtsstaatsmechanismus geschaffen. Dieser muss jetzt angewendet werden & nicht in d Schublade verschwinden." (APA, red, 3.6.2021)