Schauen wir genau hin, wo Männer sich zusammentun? Nicht fair, oder schlicht notwendig, damit wir keine Anti-Männer-Kampagnen riskieren?

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Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit teile ich Ihnen auf diesem Wege mit, dass ich in meiner Eigenschaft als nichtexistenter Berater der österreichischen Bundesregierung meinen unbeträchtlich Einfluss geltend gemacht und die politisch Verantwortlichen dazu aufgefordert habe, eine Männer-Landkarte zu finanzieren und auf den Weg zu bringen.

Die Islam-Landkarte hat gezeigt, dass es richtig und wichtig ist, Missstände auch um den Preis einer selbst für absolute Laien vorhersehbaren Instrumentalisierung aufzuzeigen. Aber seien Sie unbesorgt: Selbstverständlich geht es mir "nicht um einen Generalverdacht gegen Männer, sondern um den gemeinsamen Kampf gegen die politische Männlichkeit als Nährboden für Extremismus". Die "gefährliche Entwicklung der politischen Männlichkeit in den Hinterhöfen" sollten wir uns schon genauer anschauen.

Schließlich muss "Transparenz geschaffen und die Trennlinie zwischen Männlichkeit als Geschlecht und politischer Männlichkeit gezogen werden". Sie wissen sicher, wovon die Rede ist, wenn über politische Männlichkeit gesprochen wird: herzerwärmende Frauenbeschimpfer, die Kolleginnen, Journalistinnen oder Aktivistinnen sexistisch beleidigen. Da wären noch Gewaltverbrechen, Drogendelikte, Betrug – in all diesen Bereichen haben Männer die Nase vorn und zeigen zudem eine deutlich höhere Anfälligkeit als Frauen dafür, wiederholt straffällig zu werden. Und was ist mit den ganzen unsäglichen Femiziden in Österreich? Was ist mit der Tatsache, dass vier Fünftel der 2019 rechtskräftig verurteilten Personen Männer waren?

Daraus müssen endlich Konsequenzen folgen. Wenn das österreichische Integrationsministerium mit Steuergeldern rechten Hampelmänner die Munition für ihre Islamfeindlichkeit und ihren antimuslimischen Rassismus liefert,

dann sollte es auch eine Karte herausbringen, die zeigt, wo sich Männer zusammenrotten: Burschenschaften, Zigarrenklubs, Kneipen, die Österreichische Bischofskonferenz, der Vorstand des Bauunternehmens Strabag – angesichts der Datenlage können wir uns nicht leisten, diese Zusammenkünfte unbeobachtet zu lassen.

Sicher, hier und da treffen sich Männer auch einfach nur, um eine gute Zeit miteinander zu verbringen oder weil sie etwas miteinander zu besprechen haben. Aber wir dürfen politische Männlichkeit auch nicht beschönigen und müssen sie dort sichtbar machen und bekämpfen, wo sie auftritt. Statistiken zeigen, dass im Jahr 2018 mehr 25 bis 39 Jahre alte Männer Tatverdächtige bei Straftaten gegen Leib und Leben waren als alle Frauen zusammen. Und bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist die Situation noch dramatischer: Hier war allein die Zahl der minderjährigen männlichen Tatverdächtigen schon doppelt so hoch wie die aller weiblichen zusammengenommen.

Dringender Handlungsbedarf

Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Wenn wir keine "Männer, raus aus Österreich!" Kampagnen wütender Frauen riskieren und eine Schuldbarmachung aller Männer durch Geschlechtshaftung vermeiden wollen, dann muss proaktiv etwas geschehen. Eine Männer-Landkarte ist hierfür der richtige Schritt. Mit ihr kann "die Vielfalt des männlichen Lebens in Österreich aufgezeigt werden – in all seinen Schattierungen".

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

PS: Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Text einfach so stehen lasse. Ohne Postskriptum. Ihn also nicht breche, nicht kommentiere, nicht aufweiche. Es hat mir in den Fingern gejuckt, genau das zu tun und einfach zu sehen, was passiert. Aber da die Verantwortlichen der Islam-Landkarte nach wie vor lediglich "die Instrumentalisierung bedauern" anstatt für ihren durchschaubaren Versuch politischer Brandstiftung die Verantwortung zu übernehmen und um Verzeihung zu bitten, will ich als nichtexistenter Berater der österreichischen Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen: Es tut mir leid.

Sie verdienen es nicht

Die Mehrheit der österreichischen Männer sind friedliche Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen, niemandem schaden möchten und niemals eine Straftat begehen würden. Sie verdienen es nicht, über eine Karte mit Männern assoziiert zu werden, die mit ihrem sexistischen Verhalten die Gesellschaft vergiften und/oder ihren Mitmenschen Gewalt antun. Es ist nicht fair, Männer in Geschlechtshaft zu nehmen. Es ist politisch unklug, es ist ignorant und es löst nicht einmal ansatzweise das reale Problem von toxischer Männlichkeit. Also problematische, gewalttätige Männlichkeitsvorstellungen, die Jungen und Männer adaptieren, weil sie glauben, so ihre Geschlechtsidentität belegen zu können.

Zum Schluss noch eine Kleinigkeit: Ersetzen Sie in meiner Entschuldigung einfach mal den Begriff "Männer" durch "Menschen muslimischen Glaubens". Wenn Sie dann immer noch nicht das Problem mit der Islam-Landkarte sehen, ist Ihnen nicht zu helfen. (Nils Pickert, 6.6.2021)