Die biologisch abbaubare Batterie aus dem 3D-Drucker wird wie ein Sandwich zusammengefaltet, mit dem Elektrolyten in der Mitte.
Foto: Empa/Gian Vaitl

Sind Batterien erst einmal kaputt oder bringen nur mehr geringe Leistung, dann sind sie ein Fall für den Sondermüll. Wo sie auf keinen Fall hingehören, ist der Biomüll oder der Komposthaufen – außer es handelt sich um jene Neuentwicklung, die nun Wissenschafter von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa im Fachmagazin "Advances Material" vorstellt haben: Die Schweizer Forscher haben einen Kondensator aus Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz konstruiert, der sich innerhalb von wenigen Monaten im Erdreich fast komplett auflöst.

Die Fabrikationsanlage für diese Batterie sieht recht harmlos aus: Es ist ein modifizierter, handelsüblicher 3D-Drucker, der in einem Raum im Empa Laborgebäude steht. Die eigentliche Innovation liegt im Rezept für die gelatinösen Tinten, die dieser Drucker auf eine Oberfläche spritzen kann. Die Mixtur, um die es dabei geht, besteht aus Cellulose-Nanofasern und Cellulose-Nanokristalliten, dazu kommt Kohlenstoff in Form von Russ, Graphit und Aktivkohle. Um all dies zu verflüssigen, benutzen die Forscher Glycerin, Wasser und zwei verschiedene Sorten Alkohol. Dazu eine Prise Kochsalz für die ionische Leitfähigkeit.

Potentes Sandwich

Um aus diesen Zutaten einen funktionierenden Superkondensator zu bauen, braucht es vier Schichten, die alle nacheinander aus dem 3D-Drucker fließen: eine flexible Folie, eine stromleitende Schicht, dann die Elektrode und zum Schluss der Elektrolyt. Das Ganze wird dann wie ein Sandwich zusammengefaltet, mit dem Elektrolyten in der Mitte. Was herauskommt, bezeichnen die Wissenschafter als ein 'ökologisches Wunder'.

Der Mini-Kondensator aus dem Empa-Labor kann über Stunden Strom speichern und bereits in dieser Ausführung eine Digitaluhr mit Energie versorgen. Er übersteht tausende Lade- und Entladezyklen und voraussichtlich auch jahrelange Lagerung, selbst bei frostigen Temperaturen. Außerdem ist der Kondensator ist resistent gegen Druck und Erschütterung.

Video: Der im Erdreich abbaubare Superkondensator überstehe tausende Lade- und Entladezyklen.
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In wenigen Wochen zerfallen

Der größte Vorteil dieser Batterie ist freilich: Wenn man sie nicht mehr braucht, kann man sie in den Kompost werfen oder einfach in der Natur zurücklassen. Nach zwei Monaten ist der Kondensator in seine Bestandteile zerfallen, nur ein paar sichtbare Kohlepartikel bleiben von ihm übrig. Auch das haben die Forscher bereits ausprobiert.

"Das klingt recht einfach, das war es aber ganz und gar nicht", sagt Xavier Aeby von der Empa-Abteilung "Cellulose & Wood Materials". Lange Versuchsreihen seien nötig gewesen, bis alle Parameter stimmten, bis alle Komponenten zuverlässig aus dem Drucker flossen und der Kondensator schließlich funktionierte. Aeby: "Als Forscher wollen wir ja nicht nur herumprobieren, sondern auch verstehen, was im Inneren unserer Materialien geschieht."

Gemeinsam mit Gustav Nyström hat Aeby das Konzept des bioabbaubaren Stromspeichers entwickelt und umgesetzt. Nyström und sein Team forschen seit Jahren an funktionalen Gelen auf Basis von Nanozellulose. Das Material ist nicht nur ein umweltfreundlicher, nachwachsender Rohstoff, sondern durch seine innere Chemie äußerst vielseitig einsetzbar. "Das Projekt eines kompostierbaren Stromspeichers lag mir schon lange am Herzen", so Nyström.

Bauteil für das "Internet of Things"

Der Superkondensator könnte bald zu einem Schlüsselbaustein für das "Internet of Things" werden, erwarten Nyström und Aeby. "In Zukunft könnte man solche Kondensatoren etwa mit Hilfe eines elektromagnetischen Feldes kurz aufladen, dann würden sie über Stunden Strom für einen Sensor oder Mikrosender liefern." So könnte man zum Beispiel den Inhalt einzelner Pakete während des Versandwegs überprüfen. Auch die Stromversorgung von Sensoren im Umwelt-Monitoring oder in der Landwirtschaft ist denkbar – man muss diese Batterien nicht wieder einsammeln, sondern könnte sie nach verrichteter Arbeit einfach in der Natur belassen. (red, 5.6.2021)