Seit 2013 führen die französischen Soldaten der Operation "Barkhane" einen Wüstenkampf gegen die Jihadisten in Mali.

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Das Verteidigungsministerium in Paris bestätigte am Freitag, dass die französischen Truppen in Mali jede Zusammenarbeit mit der malischen Armee mit sofortiger Wirkung abbrechen. Damit protestiert Frankreich gegen den zweiten Putsch binnen weniger als einem Jahr in der Hauptstadt Bamako. Der neue starke Mann Malis, Oberst Assimi Goïta, hatte den zivilen, nach dem ersten Staatsstreich eingesetzten Staatschef und dessen Premierminister zum Rücktritt gezwungen und sich selber zum Übergangspräsidenten ausgerufen.

Macron und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verlangten diese Woche mit Nachdruck raschestmögliche Wahlen und bezeichneten die Vorkommnisse als "rote Linie". Die Afrikanische Union und die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas haben Mali ihrerseits suspendiert, um Druck zu machen.

Die Forderung nach regulären Wahlen in dem labilen Schlüsselland Westafrikas hat einen weiteren, unausgesprochenen Grund: Die USA und die Europäer befürchten, dass Goïta mit den Jihadisten Verhandlungen aufnehmen könnte, falls dies nicht bereits geschehen ist. Das zu 90 Prozent muslimische, aber bisher sehr ökumenische und tolerante Land gerät zunehmend unter den Einfluss von mehr oder weniger islamistischen Predigern. Sie machen zwar keine gemeinsame Sache mit den – vor allem nordafrikanischen – Jihadisten im Sahara-Gebiet, sehen in ihnen aber auch keine Staatsfeinde.

Deutsche Soldatenausbildung bleibt

Der französische Präsident erklärte, er werde "nie im Leben zulassen", dass französische Soldaten vor Ort gegen Jihadisten kämpfen, während Bamako Kontakte zu radikalen Islamisten knüpfe. Merkel teilte diese Einschätzung, hält allerdings an der Ausbildungsmission von 1.000 deutschen Soldaten für die malische Armee fest.

Das Ende gemeinsamer Truppeneinsätze ändert militärisch nicht sehr viel: Entscheidend sind allein die 5.100 gut ausgerüsteten französischen Elitesoldaten der Operation "Barkhane", die seit 2013 einen aufreibenden Wüstenkampf gegen die mobilen Jihad-Kommandos führen. Politisch war die Kooperation mit der schlecht entlohnten malischen Armee hingegen sehr wichtig: Sie begegnete malischen Ressentiments gegen die Truppenpräsenz der früheren Kolonialmacht.

Macron ärgerte sich in letzter Zeit mehrfach über "Frankreich raus"-Sprechchöre in den Straßen Bamakos. Malische Politiker werfen dem französischen Präsidenten zudem vor, er poche im Mali auf demokratische Wahlen – während er im Tschad dem Sohn des im April verstorbenen Präsidenten Idriss Déby unter Umgehung des Parlamentes an die Macht verholfen habe.

Konflikt auf Nachbarländer ausgedehnt

Auch in Frankreich ist heute laut Umfragen die Hälfte der Bevölkerung für eine Rückkehr der französischen Truppen, die in Mali 55 Todesopfer zu beklagen haben. Der Jihad-Konflikt hat sich zugleich auf die Nachbarländer Burkina Faso und Niger ausgedehnt. Macron rückt deshalb nicht mehr nur den Kampf gegen die Gotteskrieger in den Vordergrund, sondern auch gegen neue Migrationsströme. "Wenn wir an einer Niederlage in Westafrika teilhaben", erklärte er im Mai, "werden wir das selber teuer bezahlen, und zwar vor allem in Sachen Migration."

Die Lage in Mali ist mittlerweile so instabil, dass Bamako nach einem Abzug der französischen Truppen in die Hände der Jihadisten fallen würde, wie Generalstabschef François Lecointre unlängst durchblicken ließ. Europäische Soldaten würden wohl auch noch in zehn Jahren im Sahelgebiet nötig sein, meinte er. "Und dann eher mehr als heute." (Stefan Brändle aus Paris, 4.6.2021)