Ein jahrelanger Rechtsstreit, in dem es mehrere – auch im Justizministerium – umstrittene Entscheidungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften gab, geht am 11. Juni in die nächste Runde. Dabei fehlt der Mann, der bis zuletzt um Gerechtigkeit für KZ-Überlebende kämpfte: Aba Lewit starb mit 96 Ende 2020.

Kläger Aba Lewit verstarb im November 2020.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Zur Erinnerung: 2015 ist in der mittlerweile eingestellten rechtsextremen Zeitschrift Aula ein Artikel erschienen, in dem im Zusammenhang mit befreiten Insassen des Konzentrationslagers Mauthausen von einer "Landplage", "Massenmördern" und "Kriminellen", welche 1945 "raubend und plündernd, mordend und schändend" durch das unter der Befreiung "leidende Land" zogen, die Rede war.

Während der Presserat den Text als "schwereren Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse" einstufte und im Artikel eine klare Täter-Opfer-Umkehr erkannte, stellte die Grazer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren in der Causa schnell wieder ein.

Neun Überlebende

Im Sommer 2016 brachten daraufhin der Grünen-Politiker Harald Walser und die Medienanwältin Maria Windhager, die auch für den STANDARD tätig ist, stellvertretend für neun KZ-Überlebende und der Tochter des verstorbenen Publizisten Leon Zellmann eine zivilrechtliche Klage wegen Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung sowie medienrechtliche Anträge ein.

Auf dem Zivilrechtsweg bekamen sie schnell recht. Doch die medienrechtliche Klage wegen übler Nachrede und Beleidigung wies das Oberlandesgericht Graz ab. Einer der neun Überlebenden, Aba Lewit, zog daraufhin mit Windhager vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Dessen Entscheidung ließ 2019 keine Zweifel offen: Die Republik Österreich wurde verurteilt, weil der Staat Lewit nicht vor den Diffamierungen der Aula geschützt hatte. Clemens Jabloner, zu jener Zeit Justizminister, verkündete damals, dass die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof (OGH) einen Antrag einbringen werde, damit das Verfahren wiederholt werden könne. Dann passierte lange nichts. In der Zwischenzeit verstarb Lewit.

Wahrung des Gesetzes

Mittlerweile hat die Generalprokuratur aber Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes beim OGH erhoben, der nun eine Gesetzesverletzung feststellen könnte, wenn er die Urteile schon nicht mehr aufheben kann. Immerhin hat der EGMR eine Konventionsverletzung durch die österreichischen Gerichte festgestellt, weil diese die Begründungspflicht verletzt haben. Ein Umstand, zu dem sich der OGH am Freitag erstmals äußern muss. (Colette M. Schmidt, 4.6.2021)