Österreich und Frankreich sind nur zwei Beispiele von Ländern, die längst eigene Digitalsteuern eingeführt haben. Nun forcieren die größten Volkswirtschaften der Welt eine globale Lösung.

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Unter dem Dach der Industriestaatenorganisation OECD feilen knapp 140 Länder schon seit einiger Zeit an einer globalen Steuerreform, die auf zwei Säulen fußt. Eine globale Mindeststeuer für Konzerne soll Steueroasen austrocknen. Und eine Digitalsteuer soll dafür sorgen, dass digitale Dienstleistungen – zumindest zum Teil – auch dort besteuert werden, wo sie erbracht werden.

Am Freitag und Samstag treffen sich die Finanzminister der größten Volkswirtschaften (G7) in London und besprechen die Steuerpläne. Beim ersten physischen Aufeinandertreffen der Gruppe seit 2019 wäre alles andere als eine Einigung auf das Vorhaben eine Überraschung. Details sind freilich nicht zu erwarten, verhandelt würden diese beim G20-Treffen im Juli in Venedig und auf OECD-Ebene.

US-Diplomaten hatten vor dem Treffen intensiv für eine Einigung geworben. Es gehe nicht nur um Steuerfragen, sondern auch grundsätzlich um Beziehungen zwischen Ländern, betont man. Mitte der Woche hob Washington Strafzölle etwa für Frankreich, Österreich und andere Staaten temporär auf. Washington hatte die Zölle als Reaktion auf nationale Alleingänge bei der Besteuerung digitaler Dienstleistungen eingeführt. Die US-Regierung behält sich vor, Zölle jederzeit wieder einzuführen.

Viel Geld winkt

US-Präsident Joe Biden will Unternehmen in den USA höher besteuern. Eine globale Mindeststeuer wäre ihm nützlich, weil für US-Konzerne der Anreiz, Steuern durch Abwanderung oder Offshore-Konstrukte zu vermeiden, geringer würde.

Überhaupt geht es für die Amerikaner um viel Geld. Internetgiganten wie Amazon, Facebook oder Google tun sich wesentlich leichter, Gewinne in Steueroasen zu verschieben, als etwa große Industriebetriebe. Zum Beispiel indem Eigentumsrechte an einer Software eine Offshore-Firma übertragen werden und Umsätze in den USA – wo die Internetgiganten ihren Sitz haben – etwa als Lizenzgebühr in eine Steueroase fließen. Der größte Brocken der Mehreinnahmen einer globalen Steuerreform würde an die USA gehen, sagen Experten.

Ökonomin Dominika Langenmayr erklärte am Freitag in Interviews und auf Twitter die Steuervorhaben der G7.

Eine Digitalsteuer würde nicht bedeuten, dass sämtliche Umsätze aus digitalen Dienstleistungen dort besteuert würden, wo sie erbracht werden. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag, wonach ein Teil der Gewinne von Großkonzernen am Ort der Umsätze besteuert wird. Welcher Anteil der Gewinne von US-Internetriesen außerhalb der USA steuerpflichtig wäre, ist noch offen.

Details offen

Auch für welche Großkonzerne die Regelung gelten soll, muss erst definiert werden. Die USA hatten vorgeschlagen, sich auf die 100 größten und profitabelsten Firmen der Welt zu konzentrieren. In Deutschland befürchtet man, dass die Regelung dann etwa nicht für Amazon gelten würde, das im operativen Geschäft geringe Margen erzielt.

Wie viel an Mehreinnahmen die Digitalsteuer für die EU-Staaten bringen würde, hängt von den Details ab. Experten warnen vor allzu großen Erwartungen. Eine globale Konzernsteuer von mindestens 15 Prozent würde laut einer Studie in Europa ein Plus von 50 Milliarden Euro an Steuereinnahmen bedeuten. Einen Steuersatz von 15 Prozent schlagen die USA vor, der zuvor von der US-Regierung angestrebte Satz von 21 Prozent war manchen Staaten zu hoch.

Blümel hofft auf Einigung

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) begrüßt den US-Vorschlag und hofft, dass eine Einigung auf G7-Ebene auch zu einer Einigung auf OECD-Ebene führen wird: "Es braucht auf globaler Ebene mehr Steuergerechtigkeit und faire Rahmenbedingungen für die Unternehmen, davon profitieren auch heimische Betriebe." Wichtig sei auch, dass Steuergerechtigkeit zwischen analogen und digitalen Geschäftsmodellen gilt, betont der Minister.

In Österreich gibt es bereits seit vergangenem Jahr eine Steuer auf Online-Werbung. Ob diese im Falle einer OECD-Einigung auf eine Digitalsteuer bestehen bleiben würde, ist fraglich. Gleich im ersten Jahr spielte die Steuer rund 43 Millionen Euro in den Haushalt ein, und damit – wohl dem Corona-bedingten Boom der Digitalwirtschaft geschuldet – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich budgetiert. Blümel befürwortet aber eine globale Lösung als fairsten Ansatz: "Es kann nicht sein, dass nur die Geschäfte vor Ort Abgaben zahlen, das muss auch für die internationalen Digitalkonzerne gelten". (luis, 4.6.2021)