Der ÖFB baut sich ein neues Trainingszentrum samt Geschäftsstelle um 50 Millionen Euro.

Foto: ÖFB/Jäger

Wien – Die UEFA-Prämien für die bevorstehende EM werden den Umsatz des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) im laufenden Geschäftsjahr um rund ein Viertel steigen lassen. Zukunftsprojekte des Verbandes, etwa die Schaffung eines neuen Trainingszentrums in Wien-Aspern, werden laut ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold nicht vom sportlichen Erfolg beim Turnier abhängen. Langfristig hätte dieser aber auch auf die Finanzen des größten heimischen Sport-Fachverbandes positive Auswirkungen.

Durch die Corona-Folgen war das ÖFB-Budget von rund 50 Mio. Euro 2019 im Vorjahr auf etwas mehr als 45 Mio. Euro geschrumpft. Für 2021 ist laut Neuhold mit rund 60 Mio. Euro ein neuer Rekordwert prognostiziert – auch aufgrund der EM-Prämien. 9,25 Mio. Euro erhält jedes Teilnehmerland als Antrittsgeld von der UEFA garantiert. Jeder Sieg in der Gruppenphase bringt eine weitere Million, jedes Remis eine halbe. Der Aufstieg ins Achtelfinale wird mit weiteren 1,5 Mio. Euro honoriert.

Corona-Maßnahmen kosten viel

Neuhold betonte, dass es sich dabei um Bruttobezüge handle. Die Zusatzkosten für Personal, Reisen, das EM-Quartier in Seefeld oder die Corona-Präventionsmaßnahmen müssten davon ebenso abgezogen werden wie die Erfolgsprämien für die Spieler. Ähnlich wie vor der EM 2016 sei mit dem Mannschaftsrat in partnerschaftlichen Gesprächen ein "leistungsabhängiges Modell" vereinbart worden, erklärte Neuhold der APA – Austria Presse Agentur.

Dazu partizipieren über einen Verteilungsschlüssel auch die Landesverbände und die Bundesliga am EM-Kuchen. "Beim ÖFB als Unternehmen bleibt nur ein Bruchteil über", sagte Neuhold. Aus Gruppenspielen und Achtelfinale wäre dies ein niedriger siebenstelliger Betrag. "Wirklich spannend wäre ein Einmaleffekt wirtschaftlich erst ab dem Viertelfinale." Für dieses gibt es von der UEFA 2,5 Mio. Euro zusätzlich.

Die Corona-Maßnahmen beim Nationalteam verursachen Zusatzkosten in sechsstelliger Höhe. Neben den laufenden Testungen müssten auch großzügigere Hotelräumlichkeiten für Meetings, Einzelzimmer oder die Anreise der Spieler in der Business Class finanziert werden. "Zu all dem sind wir aufgrund unserer intern streng formulierten Präventionskonzepte verpflichtet", erklärte Neuhold. Beim ÖFB waren positive Fälle bisher bei allen Team-Zusammenkünften vermieden worden.

"Keine wahnsinnig gewinnbringende Sache"

Die EURO sei für das Verbandsbudget laut Neuhold "keine wahnsinnig gewinnbringende Sache im Sinne eines Einmaleffekts". Sportlicher Erfolg würde aber mittel- und langfristig bei Sponsoren- und Ticketing-Einnahmen helfen. In diesen Bereichen hatte es in der Pandemie zuletzt wesentliche Einschnitte gegeben. 2020 stand für den Verband am Ende – konsolidiert mit der ausgegliederten ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH – dennoch eine schwarze Null. "Wir sind vergleichsweise gut über 2020 drübergekommen", sagte Neuhold. "2021 ist für uns aber mit Sicherheit genauso herausfordernd."

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werde man noch länger spüren. Umso wichtiger wäre ein starker EM-Auftritt des Nationalteams als Signal für den gesamten heimischen Fußball, der im zweiten Halbjahr wieder in Schwung kommen soll. Neuhold: "Es wäre motivierend für alle. Je erfolgreicher wir sind, desto größer ist der Kuchen – und desto mehr profitiert die gesamte Struktur."

Das in Planung befindliche Trainingszentrum des Verbandes samt Geschäftsstelle könnte unabhängig davon in den nächsten Wochen auf Schiene gebracht werden. Die Gesamtkosten sollen sich auf rund 50 Millionen Euro belaufen, rund 20 Millionen müsste der ÖFB an Eigenmitteln einbringen. "Ob wir ein Trainingszentrum realisieren, hängt nicht mit dem Abschneiden bei der EURO zusammen", betonte Neuhold. Der notwendige Präsidiumsbeschluss für das Projekt in Aspern sei aber noch ausständig.

Vorerst hat der Verband seine Räumlichkeiten weiter im Ernst-Happel-Stadion. Das weitläufige Oval war wegen der Corona-Beschränkungen am (heutigen) Sonntag im EM-Test gegen die Slowakei nur mit 3.000 Menschen gefüllt. "Wirtschaftlich ergibt das für uns ein Defizit", sagte Neuhold. Es sei aber wichtig, die Zuschauer zum Nationalteam zurückzuholen. "Wir sind froh, den Fans wieder eine Perspektive geben zu können."

Am 1. Juli fallen österreichweit die Beschränkungen für Großveranstaltungen. Beim WM-Quali-Heimspiel am 7. September gegen Schottland hofft Neuhold bereits auf eine "würdige Kulisse". Zu dieser würde wohl auch eine erfolgreiche EURO beitragen. (6.6.2021)