Die Interventionen des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek für seine Frau wollte Schützenhöfer nicht verurteilen – "Was glauben Sie, wie viele Menschen bei mir intervenieren?"

Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) nimmt in den aktuellen Turbulenzen seiner Partei Obmann Sebastian Kurz in Schutz, kritisiert aber dessen Umfeld. Generell rief er in der ORF-Pressestunde am Sonntag zur Mäßigung auf und sprach sich gegen Angriffe gegen die Justiz aus. Auch als Fan von Bundespräsident Alexander Van der Bellen outete er sich. Sollte dieser noch einmal antreten, sollte die ÖVP "Größe zeigen" und auf einen eigenen Kandidaten verzichten.

Keine Angriffe auf die Justiz

"Die Justiz ist eine große Säule des Rechtsstaats", sagte Schützenhöfer. Er sei nicht mit jedem Urteil des Verfassungsgerichtshofs einverstanden, "aber was die urteilen, das gilt". Auch für das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Kurz zeigte er Verständnis, "die müssen ja untersuchen". Aus der Bevölkerung bekomme er allerdings den Ärger darüber mit, dass die "vereinigte Opposition" gegen den Kanzler vorgehe. Seiner Überzeugung nach werde bei den Falschaussage-Ermittlungen auch nichts herauskommen. "Ich bin überzeugt, dass er nicht verurteilt wird", sagte Schützenhöfer.

Schützenhöfer in der ORF-Pressestunde

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Dafür, dass sich Kurz ungerecht behandelt fühle, zeigte der steirische Landesparteichef der ÖVP Verständnis. Für die Reaktion allerdings nicht: "Ich würde persönlich jedenfalls die Justiz nicht angreifen." Schon Alfons Gorbach, ÖVP-Bundeskanzler in der 1960er-Jahren habe dafür appelliert, seine Meinung in den eigenen vier Wänden und nicht am Hauptplatz zu sagen.

"Grausliche" Chats

Angesprochen auf diverse aus dem ÖVP-Umfeld bekanntgewordenen Chats, meinte Schützenhöfer: "Auf den Bundeskanzler bin ich stolz, über manche in seinem Umfeld nicht wirklich." Dass sich der scheidende ÖBAG-Chef Thomas Schmid etwa über den Pöbel, unter den er sich ohne Diplomatenpass mischen müsse, beklagt habe, sei schrecklich. "Ich war noch viel mehr entsetzt über das, was über die Kirche zu lesen war", ergänzte der Landeshauptmann.

In der Pressestunde geht der steirische Landeshauptmann auch auf seine Chats mit dem ehemaligen Sektionschef Pilnacek ein.
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Die versuchte berufliche Intervention des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek für seine Frau am Oberlandesgericht Graz wollte Schützenhöfer nicht verurteilen: "Was glauben Sie, wie viele Menschen bei mir intervenieren?" Dem Wunsch Pilnaceks, seiner Frau zu helfen, sei er aber nicht nachgekommen, sagt Schützenhöfer, "ich weiß, wo ich Einfluss nehmen kann und darf." Angesprochen auf die vom STANDARD veröffentlichte Nachricht von Schützhöfers Sohn an Pilnacek ("Die Frage, wie wir in dieser Sache konkret helfen können, hat uns ohnehin schon beschäftigt"), bat Schützenhöfer, seinen Sohn "aus dem Spiel zu lassen."

Als "grauslich" bewertete er auch die Äußerungen des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek im Austausch mit Wolfgang Brandstetter, ehemals ÖVP-Justizminister und Vizekanzler und inzwischen zurückgetretener Verfassungsrichter. Allerdings attestierte er Pilnacek, für die Justiz gute Arbeit geleistet zu haben.

Van der Bellen-Fan

Unterstützung formulierte Schützenhöfer auch für den amtierenden Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Dieser mache seine Sache gut, und sollte dieser wieder antreten, sollte die ÖVP einen Schritt zurück machen und auf einen eigenen Kandidaten verzichten. Wenn nicht, kämen seiner Ansicht nach etwa Irmgard Griss oder Helga Rabl-Stadler als ÖVP-Kandidatinnen infrage.

Kritik aus Opposition

Die SPÖ reagierte auf Schützenhöfers Äußerungen ablehnend. Die ÖVP übe sich weiterhin in der Opferrolle, meinte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung: "Der Krieg der ÖVP gegen den Rechtsstaat ist als das zu sehen, was er ist: Ein Verzweiflungsschlag – der den Rechtsstaat und die Demokratie beschädigt." Für die FPÖ ist der Versuch des steirischen Landeshauptmanns, die "Dauer-Skandale" seiner Partei kleinzureden, fulminant gescheitert, so der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek.

Für Neos-Generalsekretär Nick Donig mache es sich Schützenhofer zu leicht. Kurz habe sich das alleinige Durchgriffsrecht in seiner Partei gesichert. "Wenn es in diesem Umfeld zu Verfehlungen kommt – und das passiert derzeit am laufenden Band – kann sich Sebastian Kurz nicht aus der Verantwortung stehlen.", so Donig in einer Aussendung. (APA, red, 6.6.2021)