Manuel Neuer ist Deutschlands Rückhalt, da er die meisten Fußbälle hält. In Seefeld gewann er auch das interne Tennisturnier.

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Die deutsche Fußballnationalmannschaft macht in Seefeld Platz für die österreichische. Das ÖFB-Team testete am Sonntagabend in Wien gegen die Slowakei (0:0), am Montag ist frei, am Dienstag wird dann das Basecamp in Seefeld bezogen. Es ist davon auszugehen, dass die Deutschen alles sauber hinterlassen haben. Joachim Löw und Co. verließen am Sonntag Tirol, am Montag wird in Düsseldorf vor 1000 Zuschauern gegen Lettland für de EM generalgeprobt (20.45 Uhr, RTL).

Die Deutschen hatten ausnahmsweise Lospech, Weltmeister Frankreich, Titelverteidiger Portugal und Ungarn sind die Gegner in Gruppe F. Im Vergleich dazu ist Österreich mit Nordmazedonien, den Niederlanden und der Ukraine gut bedient. Zudem wird im deutschen Fußballbund gestritten, der DFB ist führungslos, der geplante Besuch der verbliebenen Funktionäre in Seefeld wurde abgesagt. Natürlich auch wegen Corona, Fußball findet in der Blase statt.

Legenden

Andererseits hat der Mitfavorit auch Grund zum Feiern, Goalie Manuel Neuer bestreitet gegen Lettland sein 100. Länderspiel. Beim Abschlusstraining in Seefeld riss der 35-jährige den Klettverschluss mit der goldenen "100" auf und präsentierte seine Jubiläumshandschuhe stolz dem Bundestrainer. Der "ewige" Torhüter hechtete den Bällen in einer schwarz-rot-goldenen Sonderedition hinterher, die er auch in Düsseldorf tragen wird. Dann tritt Neuer als erster Torhüter dem elitären Klub der Hunderter bei. Oliver Kahn, Sepp Maier, Toni Schumacher: Keiner der prägenden Schlussmänner hat es auf eine dreistellige Zahl gebracht. "Das macht mich sehr stolz. Hier haben Legenden zwischen den Pfosten gestanden", sagt Neuer, der mit Bayern München alles gewonnen hat, was der Vereinsfußball zu bieten hat.

Er sieht die Torhüter beim Spielesammeln im Nachteil: "Als Feldspieler hat man ja die Chance, eingewechselt zu werden: eine Minute, ein Länderspiel. Als Torwart spielt man meistens 90 Minuten." Im Fall von Manuel Neuer: 95-mal von möglichen 99, davon dreimal sogar 120 Minuten. Hinzu kommen vier "halbe Spiele", das macht 8820 Minuten im Nationaltrikot mit nur 94 Gegentoren (43-mal zu null).

Eines ist seit dem ersten Einsatz gegen die Vereinigten Arabischen Emirate am 2. Juni 2009 (7:2) gleich geblieben: Einen Ball an Neuer vorbeizubringen ist eine schwierige Angelegenheit. Auch beim Tennis. Wenn Neuer mit seinen Krakenarmen ans Netz vorrückt, das musste gerade erst Jonas Hofmann im EM-Camp erfahren, kann sich der Gegner vorstellen, wie sich sonst die Stürmer fühlen. Die "Seefeld Open" entschied der Weltmeister von 2014 locker für sich.

Beweglichkeit

Demnächst aber steht ein großes "Rasenturnier" an, Neuer will auch dies gewinnen. Alles für den Sieg zu tun, hat den Bayern-Goalie seit jeher ausgezeichnet. "Er ist ein Supertyp. Er hat seine Ernährung umgestellt, er weiß genau, was er braucht", sagt Bundestorwarttrainer Andreas Köpke: "Er trainiert anders als früher, mehr Beweglichkeit und Explosivität." Und: "Er will Russland vergessen machen."

Das WM-Turnier 2018 war keine Sternstunde des "besten Torwarts, den ich je gesehen haben" (Mats Hummels). Wie auch, bei dem Desaster? "Der Verlierer dieser WM war ich nicht, ich habe ein ordentliches Turnier abgeliefert", sagt er: "Leider mit zu wenigen Spielen."

Die Nibelungentreue von Löw wurde dabei überdeutlich. Neuers dritter Mittelfußbruch hatte ihn für sechs Monate an Krücken gezwungen, zwischenzeitlich schien die Karriere in Gefahr zu sein, mindestens aber der WM-Stammplatz. Auch angesichts der Konkurrenz durch Marc-Andre ter Stegen, der die EM verletzt verpasst. "Ich war auf die Hilfe anderer angewiesen. Dadurch wird man bodenständiger", sagt Neuer. Am Ende spielte er doch. Löw sieht in ihm nicht nur einen "vorbildlichen Kapitän". Neuer sei auch "offen, ehrlich, kommunikativ und positiv eingestellt".

Ein Tom Brady des Fußballs wird er allerdings wohl nicht werden, "ich glaube nicht, dass er mit 42, 43 noch spielt", sagt Köpke. Es gibt allerdings keinen Grund, frühzeitig aufzuhören. "Ich habe eine Menge Spaß und nicht vor, meine Nationalmannschaftskarriere zu beenden", betont Neuer. Der 29-jährige Ter Stegen, beim FC Barcelona die unumstrittene Nummer eins, hängt also in der Warteschleife. Ihm geht es wie Prinz Charles, der an seiner Mama, der Queen, nicht und nicht vorbeikommt. (sid, red, 6.6.2021)