Ehrlich gesagt, so viele Maskottchen hat die Playstation nun einmal nicht – zumindest keine markanten. Deswegen ist Ratchet & Clank: Rift Apart heuer ein heißerwarteter Titel für Sonys aktuelle Konsole, die Playstation 5. Hinzu kommt, dass der Vorgänger, 2016 für die Playstation 4 erschienen, ein absolut fantastisches Spiel und ein Grund dafür war, dass das darauffolgende Spider-Man-Game, ebenfalls aus dem Hause Insomniac, große Ewartungen geweckt und diese auch erfüllt hat.

Ratchet & Clank sind zurück und müssen diesmal sogar mehrere Dimensionen retten.
Foto: Sony

Nun, fünf Jahre und eine Konsolengeneration später, kommt also das neueste Ratchet & Clank auf den Markt. Und seit den Geschehnissen des Vorgängers sind ebenfalls ein paar Tage ins Land gezogen. Ratchet, der Lombax, und Clank, sein Roboterkollege, bekommen für ihre Heldentaten eine Parade geschmissen. Die wird allerdings vom bösen Dr. Nefarious gestört – und er klaut im Handumdrehen das Einzige, was Ratchet dabei helfen könnte, andere Lombaxe zu finden: den Dimensionator. Damit will er in eine Dimension reisen, in der er immer gewinnt. Das geht aber gehörig schief, und die beiden Helden werden durch allerlei Dimensionen geschleudert, bis sie schließlich in einer dystopischen Parallelwelt landen.

Butterweiches Gameplay

Hier, und das ist eine der Neuerungen, treffen sie bald auf Rivet, eine Lombax-Dame. Sie ist der zweite spielbare Hauptcharakter und im Grunde das genaue Gegenstück zu Ratchet. Mal mit dem einen, mal mit der anderen geht es dann in verschiedene Welten, um bösen Mobs auf die Rübe zu hauen (oder dagegen zu ballern) und Missionen zu erfüllen.

Rivet (da klein links im Bild) ist der weibliche Counterpart zu Ratchet – und wirkt etwas aufgesetzt.
Foto: Sony

Hier hat sich seit dem Vorgänger nicht viel getan. Das Gameplay, also Schießen aus der Third-Person-Ansicht, ist hervorragend. Ratchet (oder Rivet) steuern sich butterweich, können springen, ausweichen und sind mit ihrem großen Waffenarsenal flexibel, was die Beseitigung der Bösewichter angeht.

Dabei hilft, dass das Spiel absolut stabil läuft. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich sind die Skyboxen in der Regel bis zum letzten Polygon mit Leben gefüllt, die Partikeleffekte sehen fantastisch aus, und während alles explodiert und in sammelbare Items zerfällt, ballert man sich immer noch schön flüssig und, das darf nicht unter den Tisch fallen, wunderbar aussehend durch die Welten. Leider stand uns der Performance-Mode, der 60 Bilder pro Sekunde verspricht, in der Testversion nicht rechtzeitig zur Verfügung. Wir werden aber ein Update liefern*. Aber auch der Fidelity-Modus (30 Bilder pro Sekunde, dafür sehr hübsche Lichteffekte dank Ray-Tracing) funktioniert einwandfrei.

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Rifts wirken etwas aufgesetzt – Rivet auch

Besonders beeindruckend ist, dass das Spiel in Sachen Action fast schon an die Uncharted-Reihe erinnert. Ständig explodiert etwas, man fällt irgendwo herunter und muss sich im letzten Moment noch festhalten, oder neue Gegnerwellen kommen um die Ecke. Ruhige Minuten findet man hier eher weniger, das ist aber überhaupt nicht schlimm, dank des tollen Kampfsystems. Dazu gesellen sich die wiederkehrenden Schienen-Fahrt-Sequenzen, die von geskripteten Ereignissen nur so überquellen, gerade deswegen aber echte Hingucker sind.

Das hätte alles aber noch sehr viel abwechslungsreicher sein können. Denn das große Feature, die verschiedenen Rifts, durch die man durchkann, haben mehr Potenzial, als sie ausspielen. Gelegentlich gibt es auf den Schlachtfeldern welche, zu denen man sich mit einem Druck auf L1 hinziehen kann. Das ist nett, aber nicht atemberaubend. Und bei den seltenen (richtigen) Bossfights kommt es auch schon einmal vor, dass man in eine komplett andere Dimension katapultiert wird. Das hätte man unserer Meinung nach aber auch sehr viel öfter und auch noch kreativer einbringen können. So wirken die Rifts eher wie ein aufgezwungenes Feature ("Es gibt keine Ladezeiten mehr, das MÜSSEN wir irgendwie nutzen"), aber nicht wirklich zu Ende gedacht.

Unserer Meinung nach hätte das Spiel mehr verrückte Ideen (wie diese) im Zusammenhang mit den Dimensionsspalten vertragen.
Foto: Sony

Gleiches gilt leider auch für die Waffenauswahl. Zur Verteidigung: Es gibt massiv viele. Und das ist auch super, außerdem ist das Handling in der Regel wirklich top. Aber die Wummen aus dem Vorgänger wirkten dann doch noch etwas kreativer. Beispielsweise gab es die Discokugel, die alle Gegner zum Tanzen gezwungen hat, oder die Schafskanone, die alle Gegner, nun ja, in Schafe verwandelte. In Rift Apart hat man dagegen zum Großteil eine Ansammlung an herkömmlichen Waffen in etwas abgeänderter Form – Pistolen, Shotguns, Raketenwerfer.

Ein Lichtblick: die Ryno 8, die verschiedene Objekte aus anderen Playstation-Spielen durch Dimensionsportale in die Welt von Ratchet & Clank bringt, zum Beispiel einen Jeep aus Uncharted 4 oder einen Thunderjaw aus Horizon: Zero Dawn. Dafür darf man die Waffen mit eingesammelten Orbs wieder nach Belieben aufwerten, was befriedigend ist, da sie ebenfalls neue Fertigkeiten dazugewinnen.

Die Waffen haben in der Regel ordentlich Wumms, und ihre Taten sehen dank der tollen Partikeleffekte wunderbar aus – ein bisschen mehr Abwechslung wäre aber schön gewesen.
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Ein weiterer (und dann auch letzter) Kritikpunkt: Die Einführung von Rivet wirkt ebenfalls etwas aufgesetzt. Denn sie unterscheidet sich weder im Gameplay noch vom Charakter her von Ratchet. Es geht sogar so weit, dass sich beide Charaktere das gleiche "Orb-Konto" teilen und die gleichen Waffen besitzen. Es wäre also theoretisch vollkommen egal, welchen oder welche von beiden man spielt. Und auch da hätte man sich sicher etwas Kreativeres einfallen lassen können. Wieso nicht beiden verschiedene Fähigkeiten geben und damit ein leichtes Metroidvania-System in die Level bringen? Schade.

Nette Rätsel, gutes Writing

Zu den Shooter-Szenen gesellen sich hie und da kurze Rätselsequenzen mit Clank und auch etwas andere Ballerpassagen mit dem Anti-Virus-Roboter Glitch. Die sind jeweils ganz nett, mehr aber auch nicht. Schön ist wiederum, dass die Controller-Features der PS5 integriert wurden. Man spürt, wenn es regnet, durch punktuelle Vibrationen, und auch das Laufen auf Gras wird simuliert. Alternative Feuermodi durch beispielsweise das Nicht-ganz-Durchdrücken der Trigger sind ebenfalls dabei, wie schon in Returnal. Teilweise waren die adaptiven Trigger sogar etwas anstrengend. Je nach Waffe werden die Trigger leichter oder härter zum Drücken – was nach einer Zeit zu Muskelkater im Finger führen kann. Lässt sich aber auch ausstellen, also halb so wild.

Die teils offenen Planeten lassen sich gut mit den Schwebestiefeln erkunden.
Foto: Sony

Das Writing ist wieder auf hohem Niveau, auch wenn nicht jeder Gag sofort zündet. Aber besonders die Figur von Dr. Nefarious hat gute Sprüche abbekommen ("Ziemlich viel Neon, oder?"), und auch Ratchet hat seine guten Momente ("Waren das alle Piraten auf diesem Planeten? Hat sich jedenfalls so angefühlt"). Clank ist mal wieder etwas neunmalklug, aber gut, das hält man aus.

Im Endeffekt lebt der Shooter aber vom fantastischen Flow. Die Waffen hauen ordentlich rein, und man versucht nach einer Zeit, immer auf verschiedene Arten dem Kanonenfutter Kontra zu bieten. Abgerundet durch die wirklich guten (richtigen) Bosskämpfe ist das neue Ratchet & Clank ein Fest für Gameplay-Enthusiasten. Die schauen auch über die etwas mangelnde Kreativität bei den Waffen und den aufgesetzt wirkenden Features hinweg. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, Insomniac hätte da mehr rausholen können. So ist Rift Apart sehr gut geworden – aber nicht fantastisch. (Thorben Pollerhof, 8.6.2021)


*UPDATE: Wir haben jetzt einen Abend mit den beiden 60-Frames-per-Second-Modi verbracht und können sagen, dass beide das Spiel, zumindest für uns, noch aufwerten und die Playstation 5 einmal wieder zeigt, was sie draufhaut. Auch die 60 Bilder halten sich stabil, es gibt weder Framerate-Einbrüche noch Ruckler.