Der Künstler Arye Wachsmuth setzt auf eine aktive Erinnerung.

Foto: Diözese Linz

Es ist zumeist ein stilles Sterbens, oft ein Sterben im toten Winkel der Weltöffentlichkeit. 22.000 Menschen auf der Flucht sind, laut dem Statistikportal Statista, zwischen 2014 und 2021 allein im Mittelmeer ertrunken.

Mit einem österreichweit einzigartigen Projekt soll nun der öffentliche Fokus verstärkt auf diese tragischen Schicksale gelenkt werden: Konkret entsteht auf dem Linzer Stadtfriedhof St. Martin ein Gedenkort für Menschen, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben. Gewählt wurde dafür ein Platz direkt an einem der zentralen Durchgangswege auf dem Friedhofsareal. Dort, wo heute noch das Gras über die Endlichkeit des Lebens wächst und eine Laterne den Besuchern in dunklen Momenten Licht spendet, wird mit Oktober 2021 der Entwurf Vor Augen / In Sight in Form einer Wall of Names des Wiener Künstlers Arye Wachsmuth realisiert.

Platz der Träne

"Hauptintention soll sein, an diese ‚Toten ohne Ort‘ zu erinnern und für die Angehörigen einen würdigen Platz der Trauer zu schaffen", erläutert Koordinator Stefan Schlager von der Diözese Linz. Die Grundform dieses künftigen Ortes des Gedenkens ist eine Träne. Materialien wie Zementfaserplatten und rostbrauner Cortenstahl sollen in ihrer Dialektik für Brüchigkeit und Beständigkeit stehen. Sitzgelegenheiten laden zum Innehalten ein. Auf den Platten werden dann nach und nach die Namen der Verstorbenen aufgebracht. Das Mahnmal wollen die Initiatoren aber nicht unbedingt als politisches Symbol, etwa in Zusammenhang mit einer gescheiterten Flüchtlingspolitik, sehen. Schlager: "Natürlich wollen wir auch wachrütteln. Die primäre Absicht aber ist es, das Gedenken in den Vordergrund zu stellen." (Markus Rohrhofer; 8.6.2021)