Ein Höhepunkt in Thomas Köcks Landvermesser-Stück "dritte republik" am Schauspielhaus Graz ist der Chor, der wie ein imposantes Ungetüm in Erscheinung tritt.

Lex Karelly

Inwiefern der Theaterstream die darstellenden Künste verändert hat bzw. verändern wird, darüber wird bei dem heute startenden Dramatiker:innenfestival in Graz diskutiert. Am Samstag sprechen dort Theater- und Filmregisseur Jan-Christoph Gockel, Kinobetreiber und Verleiher Pierre-Emmanuel Finzi und Theatermacherin und Autorin Nele Stuhler darüber, was der digitale Raum hergibt und was die nun auch die Bühnenkunst betreffende Verfügbarkeitseuphorie auslöst. Eine eigene Reihe heißt "Best of Stream" und zeigt ausgewählte Theateraufzeichnungen, darunter Theaterfilme wie From Horror till Oberhausen oder Coltan-Fieber.

An einem Dutzend Orten in Graz reichen sich also analoge und digitale Programmpunkte der fünften Festivalausgabe die Hände. Open Air, indoor und digital geht das vom Dramaforum Unit in Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus Graz organisierte und von der European Theatre Convention (ETC) unterstützte Festival Fragen nach der Zukunft nach. "ÜberMorgen" lautet das Signalwort, das Themen wie Klimawandel, Postkolonialismus, Pandemie etc. umspannt.

Einer der sowohl diskursiv als auch real attraktivsten Schauplätze ist heute der Wald. Fünf Autorinnen und Autoren haben in Graz Wald-Geschichten recherchiert, zu erleben ist Wenn der Wald von der Stadt erzählt an fünf Terminen im Meranpark. Wie man die Stadt in Zukunft besser machen kann, dem geht Johannes Schrettle im Konferenz-Format Future Repair Machine nach.

Roboter-Mensch

Erstmals hat das Dramatiker:innenfestival einen Schwerpunkt für junges Publikum im (digitalen) Programm, darunter Produktionen aus Amsterdam, Berlin oder Budapest, etwa das niederländische Theater De Toneelmakerij mit Age ofRage (ab 14) oder Fury Island aus Szombathely. Theatergruppen reisen indes auch an. So zeigt die Gruppe Voss aus Belgien ein Stück über zusammengesponnene Lebensläufe: Komt Op / Gaat Af. Und das Kollektiv Henrike Iglesias aus Berlin tischt seinen vergnüglichen Abend Fressen auf.

Eine zum Kultabend gewordene Inszenierung von Stefan Kaegi und mit dem Roboter von Autor Thomas Melle ist drei Jahre nach ihrer Uraufführung noch unterwegs und macht Station, wie toll: Unheimliches Tal. Wer es noch nicht betreten hat, muss es diesmal tun. Zudem treffen Produktionen österreichischer Häuser in Graz ein: Rand vom Schauspielhaus Wien, Monte Rosa aus St. Pölten.

Mit seinen jüngsten Arbeiten ist das Schauspielhaus Graz gut vertreten. Und zwar mit dem bemerkenswerten VR-Theater Krasnojarsk, mit der Clemens-Setz-Premiere Flüstern in stehenden Zügen oder mit Zitronen, Zitronen, Zitronen, einem Stück über ein diktatorisches Experiment der Zukunft. Zum Abschluss am Sonntag wird der Retzhofer Dramapreis verliehen. (Margarete Affenzeller, 8.6.2021)