Lilibet Diana ist das vierte Mitglied der amerikanischen Kleinfamilie mit Mutter Meghan, Papa Harry und Bruder Archie.

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Mit Vornamen ist das ja generell so eine Sache. Ganz egal, wie distanziert die Familie sonst sein mag – mitreden möchten alle immer ganz gern. Doch wie vermeiden frischgebackene Eltern, dass entweder Großmutter A oder Großvater B beleidigt ist?

Im Fall des jüngsten Sprösslings Mountbatten-Windsor, der in Kalifornien geborenen Tochter von Meghan Markle und Prinz Harry, hätten solcherlei Erwägungen eigentlich für Doria gesprochen, den Vornamen von Meghans Mutter. Denn die andere Oma kann schon deshalb nichts übelnehmen, weil sie längst gestorben ist. Genau dies wird den Ausschlag gegeben haben für Diana, Harrys geliebte Mutter, die in drei Wochen ihren 60. Geburtstag feiern würde, wäre sie nicht im Alter von 36 Jahren in Paris tödlich verunglückt.

Spitzname der Queen

Übertrumpft aber wird die Tote noch von einer Lebenden: Queen Elizabeth II. Die erhielt ihren Rufnamen 1926 ganz traditionell von ihrer Mutter, die beiden anderen Vornamen Alexandra und Mary von ihren Großmüttern. "Elizabeth" ist natürlich nicht leicht für eine Kleinkindzunge, weshalb die Prinzessin ihren Großvater George V mit der Verballhornung "Lilibet" entzückte. Der Monarch sprach die Enkelin so an, der Spitzname blieb ihr erhalten, bis heute.

Selbstverständlich zeigte sich die königliche Urgroßmutter "entzückt" über ihr elftes Urenkelkind Lilibet "Lili" Diana. Mischte sich auch etwas wie Erleichterung in die ganz selbstverständliche Freude über die Geburt eines gesunden Kindes? Eine Kennerin der royalen Szene, "Sunday Times"-Redakteurin Roya Nikkhah, jedenfalls hält den Namen für eine Art Friedensangebot aus Kalifornien an die Chefin des Hauses Windsor. "Ich glaube, es stellt einen diplomatischen Ölzweig dar." Wohl kaum hätte das abtrünnige Prinzenpaar den intimen Spitznamen der Monarchin gewählt, ohne zuvor deren Genehmigung eingeholt zu haben.

Royale Aussöhnung

Das ist eine sehr viel freundlichere Interpretation der Namenswahl als jene britischer Royal Watchers, die am Montag heftig mit den Augen rollten: Das kalifornische Paar, so lautete deren Einschätzung, habe sich ein Jahr nach der Abkehr vom angeblich so gefühlskalten und rassistischen Königshaus noch immer nicht so recht abgenabelt.

Glaubt man der liebenswürdigen Version, müsste es eigentlich demnächst zur transatlantischen Versöhnung kommen. Dafür sprach zuletzt wenig. Dass Prinz Harry in einem seiner unzähligen Podcast-Auftritte wieder einmal von "Schmerz und Leid" seiner royalen Kindheit sprach, vor denen er seine Kinder beschützen müsse, beantworteten sein Vater Charles und sein Bruder William mit Schweigen.

Die Macht des Königs

Dafür jedenfalls, dass die Briten angeblich die Nase gestrichen voll haben von den neuesten Wendungen des früher einmal prinzlichen Lebens, ergehen sich ihre Zeitungen immer noch in beträchtlichen Betrachtungen über Meghan, Harry und deren Nachwuchs. Die Lektüre der zahlreichen Zeitungsartikel erbrachte eifrigen Lesern die wichtige Erkenntnis, Geburten im Königshaus würden immer wieder die Thronfolge verändern. Lilibet nimmt nun Platz acht ein.

Bestätigen ließ sich auch die Tatsache, dass das Baby die geliebte Prinzessin ihrer Kleinfamilie sein mag, einen Titel aber nicht tragen darf. Das wäre frühestens dann möglich, wenn ein König Charles im Amt ist. Er könnte dann, so sieht es das vor mehr als 100 Jahren erstellte royale Handbuch vor, die derzeit jüngste Generation mit dem Titel "Königliche Hoheit" beglücken. Weil der Langzeitthronfolger aber von einer Verschlankung der Monarchie redet, dürfte Lilibet das Schicksal ihrer Cousinen zweiten Grades teilen: Auch Mia Grace und Lena Elizabeth, die Enkelinnen von Prinzessin Anne, haben keinerlei Aussicht auf spätere Betitelung. (Sebastian Borger aus London, 7.6.2021)