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Thomas Schmid, Ex-Öbag-Chef.

Foto: Florian Schroetter / EXPA / picturedesk.com

Die Schrecksekunde hat viele Monate gedauert – und sie hat um viele Monate zu lang gedauert. Erst jetzt nimmt Thomas Schmid seinen Hut, der längst lichterloh gebrannt hat, erst jetzt ist dem Aufsichtsrat die Hutschnur gerissen. Nach österreichischer Manier trennt man sich zwar vorzeitig, aber in beiderseitigem Einvernehmen – der Chef der Staatsholding Öbag habe sich ja keiner groben Pflichtverletzung schuldig gemacht, so die sinngemäße Erklärung des Kontrollgremiums. Seine unsäglichen Chatnachrichten hätten die Zeit vor seiner Bestellung zum Alleinvorstand betroffen und mit seiner Aufgabe als Lenker der Staatsholding, die 27 Milliarden Euro an Vermögen verwaltet, nichts zu tun. Das mag juristisch schon stimmen – ein beschämendes Bild zeichnet das Vorgehen aller Beteiligten trotzdem. Arbeitnehmer, die sich um ihre Jobs zu bewerben und danach zu bewähren haben, müssen sich schlicht gefrotzelt vorkommen – sofern sie keine Clique haben, die zu ihnen hält, koste es, was es wolle.

Seit die ersten Chats des früheren höchsten Beamten im Finanzministerium öffentlich bekannt geworden sind, ist viel passiert, und nichts davon hat der Staatsholding genützt. Ob sich Schmid mit ranghohen Politikern wie Bundeskanzler Sebastian Kurz oder Finanzminister Gernot Blümel über die Eroberung seines Traumjobs unterhielt (Alleinvorstand der Öbag), die einem Einschleichen verflixt ähnelte, ob er sich mit einer Vertrauten über Untergebene im Kabinett oder über seine Chefs, die jeweiligen Finanzminister, ausließ: Schmid ließ dabei jeglichen Anstand und jegliche Anständigkeit vermissen.

Da hielt sich jemand ein Kabinett, da hielt sich jemand einen Minister – und niemand gebot Einhalt. Strafrechtlich relevant sei das alles nicht, argumentieren seine (türkisen) Verteidiger – und auch der Aufsichtsrat der Öbag, der Schmid bis jetzt agieren ließ. Er hatte Schmid einst ja auch in die Spitzenfunktion gewählt – allerspätestens aus den Chats weiß man allerdings auch, wie sehr sich der davor in die Suche nach vor allem "steuerbaren" Öbag-Aufsichtsratsmitgliedern involviert hatte. Da wird sich doch nicht einer einen Aufsichtsrat gehalten haben?

Aber nein doch. Nun ist ja ein Schlussstrich gezogen, um viele Monate an Schrecksekunden zu spät. (Renate Graber, 8.6.2021)