Wer kennt sie nicht, die Suche nach passenden Urlaubssouvenirs und geschmackvollen Mitbringseln, um Erinnerungsstücke an eindrucksvolle Orte und ferne Länder mit nach Hause zu bringen? Dass dieses Anliegen bereits mehrere Generationen beschäftigte, wird anhand besonderer Stücke aus Italien ersichtlich, die heute nur noch vereinzelt in Sammlungen anzutreffen sind. Auch wenn Souvenirs aus Lava heutzutage doch eher unüblich anmuten, waren sie im 19. Jahrhundert begehrte Stücke, die an den Besuch des Vesuvs erinnerten.

Als das Stadtmuseum Bad Ischl der Studiensammlung des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien 2020 eine Vielzahl an Objekten schenkte, staunte man nicht schlecht, als darunter ein Konvolut aus Lava-Objekten zum Vorschein kam: eine schwarz glänzende Medaille, eine ebenso schwarze, beidseitig geprägte Plakette und zwei in dieselbe Masse eingedrückte Kupfermünzen mit dem Abbild von Vittorio Emanuele II.

Nach einem Gespräch mit Wolfgang Szaivert, Professor am Institut für Numismatik und Geldgeschichte und Spezialist für Medaillen aller Art, war klar, dass es sich hierbei um italienische Objekte handelt, die selbst in numismatischen Fachkreisen bislang kaum bekannt waren.

Nach einiger Recherche stellte sich heraus, dass es sich bei diesen Objekten um ein, allem Anschein nach, rein italienisches Phänomen handelt, dessen Zweck ursprünglich ein ganz anderer als ein numismatischer war.

Von wissenschaftlichen Objekten zu Erinnerungsstücken

Ursprünglich hatten Objekte dieser Art noch keinen Souvenircharakter im heutigen Sinne. Bei den Ausbrüchen des Vesuvs ließen Geologen und Vulkanologen die Proben der noch flüssigen Lava in Medaillen prägen, um diese später hinsichtlich ihrer mineralogischen Zusammensetzung zu untersuchen. So kommt es, dass man diese Objekte heute eher in geologischen als in numismatischen Sammlungen antrifft.

Die ältesten Medaillen stammen aus dem Jahr 1804 und gehen wohl auf Nicola Filomarino Duca della Torre zurück, einen Gelehrten und Experten für Vulkanologie. Er ließ um 1819/20 eine Vielzahl dieser Objekte herstellen, wodurch er dazu beitrug, dass diese Objekte allgemein bekannt wurden.

Im Zuge des in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommenden frühbürgerlichen Bildungstourismus erkannten Fremdenführer das Potenzial dieser geprägten Stücke, und es entwickelte sich eine großangelegte Produktion, um die wachsende Nachfrage nach diesen Erinnerungsstücken decken zu können. Das Vorhaben erwies sich als kommerziell so erfolgreich, dass eine neue spezifische handwerkliche Tradition begründet wurde. Die Lava-Medaillen erfuhren unterschiedliche Ausprägungen und wurden nicht nur als Erinnerung an den Besuch des Vesuvs, sondern auch als Andenken an bedeutsame Ereignisse produziert.

So finden sich zahlreiche unterschiedliche Porträts auf diesen Medaillen. Die Ausprägungen umfassen somit Porträts von Herrschern, Päpsten, Generälen und lokalen Berühmtheiten sowie Darstellungen von mythologischen oder religiösen Motiven. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekamen die Motive zunehmend propagandistischen Charakter. So existieren Medaillen, die Adolf Hitler oder Mussolini gewidmet wurden.

Der Avers zeigt Giuseppe Garibaldi nach rechts.
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien
Der Revers zeigt die Jahreszahl der Prägung sowie den qualmenden Vesuv.
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien

Die vorliegende Medaille zeigt am Avers Giuseppe Garibaldi im Profil nach rechts. Garibaldi war ein italienischer Freiheitskämpfer und einer der populärsten Protagonisten des Risorgimento, der großen italienischen Einigungsbewegung, die 1820 einsetzte und bis etwa 1870 währte. Die Vereinigung des Kirchenstaats mit Italien wurde am 6. Oktober 1870 durch königliches Dekret proklamiert. Somit war das Ziel des Risorgimento erreicht. Im Zuge dessen wurde die italienische Hauptstadt im Jahr 1871 von Florenz nach Rom verlegt, weshalb am Revers der Medaille die Jahreszahl 1871 unter dem qualmenden Vesuv eingeprägt wurde.

Die "Do it yourself"-Attraktion am aktiven Vulkan

Die anderen Objekte aus Lava, die sich nun in der Studiensammlung befinden, sind nicht weniger interessant. Eine Plakette mit der eingeprägten Inschrift "SALVATORE MADONNA" zeigt auf der Rückseite die Jahreszahl 1834. Die Beschriftung der Vorderseite wird in der Literatur einem bekannten Fremdenführer der damaligen Zeit zugeordnet, der sich solcherart mit seinem Namen verewigte.

Die Inschrift der Vorderseite wird einem Touristenführer der damaligen Zeit zugeordnet.
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien
Auch hier verrät die Rückseite das Entstehungsjahr.
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien

Wie sich alten Reiseführern entnehmen lässt, handelte es sich bei der Herstellung der fast vollständig von Lava ummantelten Kupfermünzen um eine Touristenattraktion. So durften die Besucher selbst die Münzen in die noch heiße Lava drücken und das später ausgebrochene Stück als Andenken mitnehmen. Laut dem Baedeker-Reiseführer für Italien aus dem Jahr 1896 verlangte man für diese Touristenattraktion einen Franc beziehungsweise eine Lira. Auch in dem Reiseführer wird vor der Gefährlichkeit der flüssigen Lavaströme gewarnt, jedoch in einer Art, über die jeder heutige Sicherheitsbeauftragte betroffen den Kopf schütteln würde: Das einzige Sicherheitsrisiko, das man bei so einer Aktion eingehen würde, so steht es geschrieben, wären durch die Hitze angeschmolzene Schuhsolen und dadurch ruiniertes Schuhwerk.

Solche Stücke durften von den Touristen selbst angefertigt werden.
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien
Foto: Gabriele Gattinger/ Studiensammlung Institut für Urgeschichte und historische Archäologie Wien

Doch so weit musste es zum Glück nicht kommen, da man immer noch auf die Fertigprodukte ausweichen konnte. Die Beschreibung der Herstellung erinnert an die Verwendung von Hostieneisen für die Produktion von Oblaten und dürfte diesem Prozedere demnach nicht unähnlich gewesen sein. So tauchten die Handwerker ihre bis zu zwei Meter langen Zangen, an deren Spitze die Prägestempel befestigt waren, in die Lava ein, drückten die Greifarme zusammen und zogen die fertige Medaille aus der heißen Masse. Dann schnitten sie den überhängenden zähflüssigen "Lavaschleim" ab und tauchten das fertige Gepräge in einen Eimer Wasser, bis es erkaltet und dadurch verkaufsfertig war. Für diese Arbeit war eine erneute Eruption des Vesuvs nicht zwingend nötig, die Handwerker und Fremdenführer hatten da ihre Tricks. Wenn kein frischer Strom zu Verfügung stand, bohrten sie nach der Methode der Eisfischer Löcher in den erstarrten Kanal, bis sie auf die flüssige Lava stießen.

Über die ganze Welt verstreut

Nach dem letzten großen Ausbruch von 1944 ist die Herstellung zum Erliegen gekommen. Im Mineralogischen Museum von Neapel ist diesen Objekten eine eigene Vitrine mit dem Titel "il medagliere" gewidmet. Die dortige Sammlung umfasst etwa 78 Medaillen in unterschiedlicher Größe, die allesamt aus der Lava des Vesuvs angefertigt wurden.

Heutzutage sind diese Objekte aus Lava über die Welt verstreut, so befinden sich zum Beispiel auch in der mineralogischen Sammlung der englischen Museen Manchester und Wales mehrere Exemplare.

Am beliebtesten und bekanntesten sind wohl die viktorianischen Kameen, die aus Lava geschnitzt wurden und deutlich höherpreisig als die Souvenirmünzen gehandelt werden. Man findet sie hin und wieder auf Kleinanzeigenportalen oder auch bei Auktionen renommierter Auktionshäuser. Während hier der Ursprung dieser sonderbaren Objekte oft noch bekannt ist, sind die Geschichten der Souvenirs aus Lava, die in Privatbesitz durch viele Hände gingen, meistens verloren. (Cordula Engeljehringer, 10.6.2021)