1.100 Seiten hat der Historikerbericht zur NS-Vergangenheit der Namensgeber für Salzburger Straßen.

Foto: Stefanie Ruep

Drei Jahre lang haben die Historiker an der Aufarbeitung der belasteten Straßennamen in Salzburg gearbeitet. Nun ist der 1.100 Seiten dicke Bericht fertig und am Dienstag vorgestellt worden. 66 Biografien zur Nazi-Vergangenheit der Namensgebern von Straßen wurden ausgearbeitet und nach wissenschaftlichen Kategorien bewertet. Das Ergebnis: Der Beirat sieht bei 13 zum Teil prominenten Persönlichkeiten Handlungsbedarf, weil ihre Verstrickung in das NS-Regime als gravierend zu bewerten sei.

Auf der Liste stehen etwa der Mitbegründer der Salzburger Festspiele, Heinrich Damisch, der Dirigent Herbert von Karajan, der Konstrukteur Ferdinand Porsche, Hitlers Lieblingsbildhauer Josef Thorak und der Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl. Bei ihnen sei "zu klären, ob mit einer Erläuterungstafel, dem ausführlichen Eintrag im digitalen Stadtplan und der biografischen Darstellung auf der NS-Homepage das Auslangen gefunden wird – oder eine Umbenennung in Erwägung gezogen werden soll", heißt es in dem Bericht.

Nun ist die Stadtpolitik am Zug. Die Fraktionen werden den Bericht als Sommerlektüre lesen, sagt Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ), im Herbst werde dann im Gemeinderat über die weitere Vorgehensweise debattiert und entschieden. "Das ist die Verantwortung der Politik, vom Bürgermeister bis zur Ein-Mann-Fraktion."

Zusatztafel oder Umbenennung

Historiker hätten den Grundsatz zu urteilen, sollten aber nicht verurteilen, betonte der Leiter des Landesarchivs, Oskar Dohle. Daher war es das Anliegen des Fachbeirats, die Verstrickungen der einzelnen Personen lediglich darzustellen. "Ein Aufwiegen mit ihren Verdiensten für die Stadt nach 1945 konnte daher nicht Aufgabe des Beirats sein", erklärte Dohle. Das sei Aufgabe der Politik. Das sieht auch der Vizebürgermeister so: Die Politik müsse auch bewerten, wie sich die Personen nachher verhalten haben und was sie für die Stadt geleistet haben, sagt Auinger.

Der Vizebürgermeister möchte die Entscheidung über eine Umbenennung nicht vorwegnehmen. Aber: "Gar nichts tun ist für mich unvorstellbar", betont Auinger. Der KZ-Verband beharrt auf der Umbenennung aller Straßen, die nach Nazis und ihren Mitläufern benannt sind. Salzburg brauche keine Nazis und Opportunisten als Vorbilder. Auch die grüne Bürgerliste hält Straßenumbenennungen für unumgänglich und will eine einheitliche Lösung für alle 13 schwerbelasteten Namen. Die Neos wollen ergänzende Zusatztafeln, die Bürger seien mündig genug für eine Einordnung. (Stefanie Ruep, 8.6.2021)