Die erste Ausgabe des freien Texteditors wurde 2003 veröffentlicht.

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Microsofts Suchmaschine Bing sorgte kürzlich für eine Kontroverse. Zum Jahrestag der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten am Tiananmen-Platz am 4. Juni, machte sie sich der Zensur verdächtig. Denn bei der Eingabe des Suchbegriffs "Tank Man" in die Bilder- und Videosuche tauchten keine Ergebnisse auf, obwohl unter diesem Begriff normalerweise zahlreiche Aufnahmen jener berühmten Szene auftauchen sollten, in der sich ein Mann mehreren rollenden Panzern entgegen stellt.

Nach einiger Aufregung stellte Microsoft die Suchergebnisse wieder her und sprach von menschlichem Versagen als Ursache des Vorfalls. Diese Erklärung finden manche aber nicht glaubwürdig. Darunter ist auch der Entwickler von Notepad++.

Notepad++ ist bei vielen Programmierern wegen seiner Leichtgewichtigkeit und Flexibilität beliebt.
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Entwickler wirft Microsoft Zensur vor

Notepad++ ist ein recht schlanker Open-Source-Texteditor, der sich besonders als alternative Entwicklungsumgebung unter Programmieren einen guten Namen gemacht hat, weil er die Syntax zahlreicher Programmier- und Skriptsprachen unterstützt und sich modular erweitern lässt. Die erste Ausgabe erschien im November 2003. Vor kurzem wurde er in der Version 8.0 veröffentlicht. Im Changelog findet sich dabei ein interessanter Eintrag.

"Microsoft Bing wurde aus den Einstellungen für Suchen per Webabfrage aufgrund seiner geringen Zuverlässigkeit entfernt", heißt es da. Wer dem beigefügten Link zur Codeplattform Github folgt, stellt allerdings fest, dass diese Formulierung nicht, wie man meinen könnte, auf technische Defekte referenziert, sondern ein politisches Statement ist. "Wenn eine Suchmaschine Zensur übt, statt ihrer Aufgabe nachzukommen, Suchresultate zu zeigen, so verliert sie ihre Qualität und ist nicht mehr zuverlässig", schreibt dort der in Frankreich lebende Entwickler Don Ho, Erfinder von Notepad++.

In China verboten

Es ist nicht das erste Mal, dass Ho deutliche Kritik an China übt. Im Oktober veröffentlichte er Version 7.8.1 mit dem Beinamen "Free Uyghur", um damit die Menschenrechtsverstöße des Pekinger Regimes an der uigurischen Minderheit im Westen des Landes anzuprangern. Als Reaktion wurde sein Github-Repository mit chinesischem Spam geflutet und die Website zum Ziel von DDoS-Angriffen. Und während er für seine Haltung auch viel Solidarität erfuhr, gab es auch abseits der Volksrepublik Kritik daran, dass er politische Äußerungen in sein "Werk" einbringt.

Im August 2020 schmückte Ausgabe 7.8.9 der Aufruf "Stand with Hong Kong" zur Unterstützung der pro-demokratischen Proteste, was ähnliche Folgen hatte. Zudem reagierten auch die chinesischen Behörden und verboten Notepad++ mit der Begründung, es enthalte "illegale Informationen". (gpi, 8.6.2021)