Eine gute Ausbildung schützt nicht unbedingt vor den Folgen der Corona-Krise: Mehr als die Hälfte sogenannter High Potentials gibt an, dass die Pandemie direkten Effekt auf den Berufsstart, Praktika und das Studium gehabt habe. Das ergab die aktuelle Umfrage "Most Wanted" des Karrierenetzwerks e-fellows.net und der Unternehmensberatung McKinsey & Company. Befragt wurden rund 5.000 Studierende, Absolventen und Berufseinsteiger unterschiedlicher Fachrichtungen, die zu den besten zehn Prozent im deutschsprachigen Raum gehören.

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Für viele Junge hieß es – und heißt es immer noch – warten. Rund 13 Prozent haben in der Pandemie den Start eines Praktikums oder Jobs verschieben müssen.

Jeder fünfte Top-Studierende beklagt eine verlängerte Studienzeit aufgrund der Krise. Rund 13 Prozent haben den Start eines Praktikums oder eines Jobs verschieben müssen. Ebenfalls knapp 13 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Praktikum oder Jobbeginn wegen der Krise durch den Arbeitgeber verschoben worden sei. Besonders Studierende, die an einer neuen Hochschule gestartet sind, haben Probleme, die Universität sowie ihre Kommilitonen kennenzulernen und sich zu integrieren. "Der Effekt nimmt mit Studienfortschritt und Berufserfahrung ab", sagt Julia Klier, McKinsey-Partnerin und Universitätsdozentin.

Etwas besser als bei den Studierenden – aber immer noch negativ – sieht es bei den Berufseinsteigern aus. 60 Prozent von ihnen sagen, dass sich die Krise sich negativ auf ihre Jobsuche ausgewirkt habe. Etwa jeder zehnte Young Professional wechselte aufgrund der Pandemie den Job oder verschob sogar einen geplanten Jobwechsel. Berufseinsteigern wurde das Kennenlernen des neuen Unternehmens und der Kolleginnen und Kollegen deutlich erschwert.

Reine Präsenzarbeit unbeliebt

Die Erfahrungen der neuen Arbeitsweisen in der Pandemie haben Spuren hinterlassen. Nur jeder Zehnte der Befragten gibt an, künftig nur vor Ort arbeiten zu wollen. Mehr als die Hälfte bevorzugt einen Mix aus Präsenzmodell und Homeoffice, und knapp ein Drittel kann sich ein sogenanntes Mobilitätsmodell vorstellen, bei dem es egal ist, ob man von zu Hause aus, im Büro oder auf Reisen arbeitet. Das gilt vor allem für Befragte aus den Fächern Wirtschaftswissenschaften, Geisteswissenschaften und Mint (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), während fast die Hälfte der Medizinerinnen und Mediziner die Arbeit vor Ort und nicht remote bevorzugen – bei vielen dieser Berufe ist das auch schlicht nicht möglich.

Für das Homeoffice-Modell sprechen laut den Befragten die flexiblere Gestaltung des Arbeitstags, eine kürzere Arbeitszeit durch die wegfallende Anfahrt und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für Michael Hies, Geschäftsführer bei e-fellows.net, gestaltet sich das Arbeitsmodell in Zukunft hybrid: "Je nach Tätigkeit sollte entschieden werden, ob die Arbeit vor Ort im Büro oder besser vom Homeoffice aus per Videokonferenz stattfinden sollte."

Vor allem Tätigkeiten ohne Interaktion und Termine mit längerer Anreise sollten nach Meinung der High Potentials nicht mehr an physische Anwesenheiten geknüpft werden, wohingegen Gehaltsverhandlungen, informeller Austausch im Team und Aufgaben, die Kreativität verlangen, für mindestens zwei Drittel der Befragten vor Ort stattfinden sollten.

Gehalt: Unterschiede bei Geschlechtern

Was das Einstiegsgehalt betrifft – ebenfalls eine Kategorie, die in der Studie abgefragt wurde –, haben Frauen weiterhin niedrigere Gehaltserwartungen als Männer. So liegt das erwartete Einstiegs-Jahresgehalt der Teilnehmerinnen bei durchschnittlich 45.100 Euro. Das sind 9.100 Euro weniger als bei den männlichen Befragten, die 54.200 Euro erwarten. Insgesamt sind die Erwartungen der High Potentials dieses Jahr gesunken. Im Jahr 2020 gingen Männer durchschnittlich von 61.800 Euro aus, Frauen von rund 50.300 Euro. (red, 9.6.2021)