Die Hoffnung ist groß, dass die von Roberto Mancini dirigierte Squadra Azzurra bei der EM eine gute Vorstellung abliefert.

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Rom – Italien, behauptet Routinier Leonardo Bonucci, hat keine Stars. Jedenfalls "keine Stars wie Cristiano Ronaldo oder Romelu Lukaku". Allerdings: Italien hat dafür "Maestro" Roberto Mancini. Und deshalb setzen die leidgeprüften Azzurri vor dem Start in die EM große Hoffnungen vor allem in den charismatischen Trainer.

Mancini (56) soll den viermaligen Weltmeister nach bitteren Rückschlägen aus dem Tal der Tränen führen. Schon vor dem Auftaktspiel der Gruppe A am Freitag in Rom (21.00 Uhr/ARD und MagentaTV) gegen die Türkei werden Vergleiche zu den Legenden Vittorio Pozzo (1934 und 1938), Enzo Bearzot (1982) und Marcello Lippi (2006) gezogen, die Italien jeweils zum WM-Triumph geführt hatten.

Mancini habe "Enthusiasmus zurückgebracht", lobte Mittelfeld-Chef Marco Verratti von Paris St. Germain in der Gazzetta dello Sport seinen Coach. Er habe es "geschafft, etwas aufzubauen sowie uns guten und unbeschwerten Fußball spielen zu lassen". Und das ist nicht alles.

"Magische" Atmosphäre

Mancini habe "mit Mut, Fantasie und Entschlossenheit eine Gruppe geschaffen", hob Marco Tardelli, Weltmeister von 1982, hervor – Betonung auf "Gruppe". So sieht es auch Bonucci (34): "Der Champion ist die Gruppe." Kapitän Giorgio Chiellini bezeichnete die momentane Atmosphäre sogar als "magisch". Dabei zu sein, "belebt dich".

Der ehemalige Nationalspieler Mancini, als Profi bei Sampdoria Genua eine Ikone, hatte die Squadra Azzurra am 14. Mai 2018 am absoluten Tiefpunkt übernommen – für die WM in Russland waren die stolzen Italiener nicht qualifiziert. Drei Jahre später sind die Zuversicht und der Enthusiasmus zurück. "Wir gehen an den Start, um den EM-Titel zu holen, der uns seit 1968 fehlt", sagte selbst Mancini selbstbewusst.

27 Spiele ohne Niederlage

Dass die 53-jährige Durststrecke ein Ende findet, scheint nicht ausgeschlossen. Eine historische Qualifikation mit zehn Siegen, zuletzt 27 Spiele ohne Niederlage, davon die letzten acht als Siege mit 25:0 (!) Toren, haben die Euphorie bei den fußballverrückten Italienern wiederbelebt. Von "Azzurri in Hochglanz" und einer "Super-Truppe" schwärmte etwa die Gazzetta dello Sport nach dem 4:0 bei der EM-Generalprobe gegen Tschechien. Tardelli sah zuletzt schon viele Gemeinsamkeiten zwischen "den Jungs von Mancini und jenen von Lippi und Bearzot".

Ein bisschen was hat sich im Vergleich zu den glorreichen Zeiten aber schon geändert. Italien, berühmt und berüchtigt für seinen Catenaccio, hat unter Mancini plötzlich die Offensive für sich entdeckt – ein modernes, auf Ballbesitz ausgerichtetes System. "Wir versuchen, eine andere Art von Fußball zu spielen", erklärte der Trainer, der auch jungen Spielern wie Giacomo Raspadori (21), Alessandro Bastoni (22) oder Manuel Locatelli (23) eine Chance gab.

Der Glaube an Mancini ist so groß, dass der Verband FIGC schon vor Turnierstart den Vertrag gleich um weitere fünf Jahre bis 2026 verlängerte. "Wir arbeiten für den Erfolg. Es gibt keinen Grund, sich zu trennen. Wir haben viele talentierte Spieler, auf die wir setzen und mit denen wir in die Zukunft blicken", sagte Mancini. Die Hoffnung sei, "bald Resultate unserer Arbeit zu sehen". Am liebsten schon den Titel bei der EM. (sid, 9.6.2021)