Kein Loki ohne Hörner: Der Gott des Unfugs wird in der neuen Marvel-Serie auf Disney+ seinem Namen gerecht.

Foto: Disney+

Wo ist Loki? Was sehr vielen Menschen seit zwei Jahren reichlich powidl ist, beschäftigt Fans des Marvel-Paralleluniversums seit genau dieser Zeit durchaus intensiv. Damals machte sich das schurkische Gegenstück der Avenger-Superheldentruppe mittels eines blau schimmernden Wunderwürfels – Fachausdruck: Tesserakt – aus dem Staub. Wohin, das blieb offen. Bis jetzt.

Genau eine Minute und sieben Sekunden braucht die Anfangssequenz, um Umstände und Verbleib der titelgebenden Figur aus der neuen, mit Spannung erwarteten Disney+-Serie zu erklären. (Achtung, jetzt kommt der Spoiler!) Wie so oft im Leben spielen auch dieses Mal unmögliche Zufälle eine Rolle: Wenn nämlich ein gewisser Hulk in den Aufzug gepasst hätte, mit dem sich diverse andere Avengers, inklusive des per Maulschelle zum Schweigen gebrachten Loki, hätten fortmachen können, dann wäre der silberfarbene Koffer nicht einfach auf den Boden gefallen und auf Umwegen, die hier nicht weiter geschildert werden sollen, direkt vor Loki zu liegen gekommen. Offen ist er auch schon, und was fällt heraus? Der rettende Tesserakt. Und weg war er.

Gott in Gobi

Als Nächstes sehen wir Loki, Gott des Unfugs – Achtung, jetzt kommt noch ein Spoiler! –, im Wüstensand liegen, vom Winde verweht. Ausgerechnet Gobi. Der Empfang ist zudem unfreundlich. Neben finster-irritierten Einheimischen stehen strenge Zeitwächter ("Timekeepers") parat, die es auf Loki abgesehen haben. Eine Mission wartet.

Welche das ist, wird nicht verraten. Das ginge nun wirklich zu weit, nur so viel: Wir befinden uns im Jahr 1985, es gibt ein Problem, das Loki im Gespann mit Mobius M. Mobius (Owen Wilson), einer Art Chefinspektor der für die Verwaltung von Zeitebenen zuständigen Behörde ("Time Variance Authority"), lösen soll. Es geht drunter und drüber, vor und zurück, wie das nun einmal bei den Avenger-Storys dazugehört. Stillstand ist der Tod – diesem Motto bleibt auch die dritte Serie des Marvel Television Universe nach der furiosen WandaVision und dem Spektakel The Falcon and the Winter Soldier treu.

Reif für die Fortsetzung

Einmal mehr gleiten Zeit- und Raumebenen ineinander. Das ist, man kann es nicht anders sagen, großes Entertainment. Wie muss es erst sein, so eine Serie zu erschaffen?

"Die Idee kam uns, als wir Infinity War drehten", sagt Kevin Feige, ausführender Produzent von Loki, bei einer Zoom-Konferenz aus Los Angeles mit Journalisten. Das ist immerhin drei Jahre her. Bei Endgame 2019 war es offiziell. Der so beliebte Loki war reif für eine Fortsetzung. Tom Hiddleston sagte zu. Allein in den ersten beiden Folgen, die Journalisten vorab zu sehen bekamen, geht die Zeitreise über drei Jahrhunderte, von 1850 bis 2050. Schaueffekte sind garantiert. Dafür sogen Bilder und Sequenzen, in denen sich die Macher von großen, nicht unbedingt erwartbaren Vorbildern inspirieren ließen.

Regisseurin Kate Herron (Sex Education) nennt für die Krimi-Thriller-Story etwa David Finchers Seven als wichtigste Inspirationsquelle, Headwriter Michael Waldron (Rick and Morty) fügt Zodiac und Silence of the Lambs hinzu. Beide wissen offenbar, was von ihnen erwartet wird: eine Achterbahnfahrt durch Zeit und Raum mit Rückgriffen, Verweisen, Zitaten und selbstironischen Anspielungen ( Holding Out for a Hero, Bonnie Tyler). Alles ist verbunden, nix ist fix.

Trailer zu "Loki".
KinoCheck

Was eine Lust für Fans ist, könnte Marvel-Neulingen Schwierigkeiten im Verfolgen der Story bereiten. Als ein solcher fühlte sich Mobius-Darsteller Wilson (Midnight in Paris) und beim Dreh mitunter "wie auf Eierschalen". Was zur Folge hatte, dass er freiwillig in die "Loki-Schule" musste. Hiddleston, der den charismatischen Bösewicht in sechs Marvel-Filmen gespielt hatte, habe ihn "großzügig und geduldig durch die MCU-Methodologie geleitet. Ich konnte alle Fragen stellen, die mir einfielen. Das war wirklich hilfreich und sehr wichtig für unsere Dynamik", sagt Wilson. "Fast wie ein eigenes Skript", empfand Hiddleston diesen Austausch.

Den Überblick zu bewahren gelang Headwriter Waldron mittels Whiteboard im Writers-Room. Das Ziel: "An Plätze zu gehen, die wir schon gesehen haben, aber bisher nicht näher kannten." Die Serie bringt für seinen Helden eine neue Erfahrung, sagt Hiddleston über das Thema hinter der Serie: "Loki ist abgetrennt von allem, was ihm bekannt ist. Was bleibt ohne seine Superkräfte übrig von ihm? Wer ist er? Was macht Loki zu Loki?"

Antworten gibt es ab sofort mittwochs auf Disney+. (Doris Priesching, 9.6.2021)