Nicht nur in Myanmar, wie hier im Bild, sondern auch in Wien werden leere Bierflaschen einer weiteren Verwendung als Brandsatz zugeführt.

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Wien – Alexandra Skrdla, Vorsitzende des Schöffensenats im Verfahren gegen den 18-jährigen Herrn W., spricht ein großes Wort nicht ganz gelassen aus: "Man geht nicht, nur wenn man grantig ist, los und zündet ein Haus an!", grollt sie. Das soll der Unbescholtene nämlich am 21. März versucht haben, weshalb ihm nun wegen versuchter Brandstiftung bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen.

Der Angeklagte gesteht, gegen ein Uhr nachts in einer Anlage eine Wohnungstür mit Benzin übergossen, dann eine Benzinspur nach draußen gelegt und angezündet zu haben. Außerdem gibt er auch zu, einen nach dem ehemaligen Außenminister der UdSSR benannten selbstgebastelten Brandsatz gegen ein Fenster der Wohnung geschleudert zu haben.

Streit mit ehemaligem Freund

Warum er das gemacht hat, erschließt sich nicht völlig. "Das ist eine ziemlich lange Geschichte", beginnt er seine Erklärung, stößt damit bei Skrdla aber nur bedingt auf Gegenliebe. "Ich hätte gerne die Kurzversion", bescheidet sie ihm. Es geht um eine nicht näher begründete Auseinandersetzung mit Benjamin, der einst ein Freund des Angeklagten gewesen ist. Schon im Februar soll die Freundschaft zerbrochen sein, bei einem Streit sei ein Messer im Spiel gewesen, behauptet der Angeklagte.

Am 20. März habe Benjamin dann einen Besuch bei W. angekündigt und erschien mit einer größeren Waffe im Hof. "Er ist unten mit einer Machete über der Schulter gestanden!", beschreibt der Angeklagte die Situation, die er von seiner Wohnung aus beobachtete. Der Machetenmann verließ das Gelände nach einiger Zeit wieder, zu einem Aufeinandertreffen kam es nicht.

Wertvoller Hinweis der Vorsitzenden

"Aus heutiger Sicht: Was hätte man danach machen können?", fragt Skrdla den Angeklagten. "Aus heutiger Sicht weiß ich immer noch nicht, was ich hätte machen können", lautet die doch etwas überraschende Antwort. "Herr W., da gibt es Menschen, die in blauen Uniformen herumrennen, die nennt man Polizei. Die hätten Sie anrufen können!", verrät die Vorsitzende. Die sei bei einem früheren Vorfall untätig geblieben, sieht W. darin keine Option. "Dann hätten Sie Benjamin halt gefilmt, wie er mit der Machete dasteht. Dann hätten Sie einen Beweis gehabt!", rät Skrdla.

W. schildert, er habe sich nach dem "Besuch" Sorgen um seinen 14 Jahre alten Bruder gemacht. "Dann bin ich auf die schlechte Idee gekommen, Benjamins Tür anzuzünden." Zuvor informierte er sich im Internet mittels eines zweiminütigen Youtube-Videos noch über die Herstellung von Molotowcocktails. Da er ohnehin einige Bier getrunken hatte, nahm er sich zwei leere Flaschen, aus dem Keller holte er noch den väterlichen Benzinkanister.

Keine Feuersbrunst

Dann ging W. zum nahen Wohnhaus seines ehemaligen Freundes, um ihm einen "Denkzettel" zu verpassen, wie er es laut Staatsanwältin bei der Polizei ausgesagt hat. Der Angeklagte beteuert, er habe kein großes Feuer entfachen wollen. Einen seiner "Mollies" habe er absichtlich gegen ein geschlossenes Fenster geworfen und nicht durch ein geöffnetes in die Wohnung. Den zweiten Brandsatz ließ er unbenutzt zurück, durch seine Fingerabdrücke konnte er auch überführt werden. Der Erfolg der Aktion war glücklicherweise bescheiden: Benjamins Mitbewohner bemerkte das Feuer im Gang und konnte es löschen, der Brandsatz beim Fenster ging von alleine aus. Benjamin selbst war übrigens in dieser Nacht gar nicht daheim.

Die von Skrdla verlesenen Jugenderhebungen der Wiener Jugendgerichtshilfe kommen zum Schluss, dass W. "um positiven Eindruck bemüht ist" und "sozial erwünschte Antworten gibt". Andererseits sei er immer wieder in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt, bei denen er sich immer als Opfer sieht. Im Fall der versuchten Brandstiftung bestehe keine Problemeinsicht, weshalb eine Psychotherapie empfohlen wird.

Teilbedingte Haftstrafe

Das Gericht verurteilt den Teenager nach kurzer Beratung zu 18 Monaten Haft, sechs davon unbedingt. Auch Bewährungshilfe wird angeordnet und W. eine Therapieweisung erteilt. Nach kurzer Beratung mit seiner Verteidigerin Christa-Maria Scheimpflug meldet der Verurteilte Berufung an. Er mache gerade den Führerschein und habe eine Jobzusage, daher hält er den unbedingten Teil für falsch. Auch die Staatsanwältin gibt keine Erklärung ab, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 12.6.2021)