Je länger Aktienmärkte boomen, desto dünkler sind die Aussichten. Für Anleger ist die Suche nach sicheren Alternativen nicht einfach.

Foto: Imago

Die Aktienmärkte erholten sich binnen weniger als eines Jahres vom Corona-Crash. Sei es in New York oder Frankfurt, die Indizes erzielten Rekorde. Auch der Wiener ATX erreichte unter Berücksichtigung der Dividenden diese Woche einen Höchststand.

Bei vielen Investoren, die seit der Pandemie einstiegen, herrscht Jubelstimmung. Kein Wunder, ein zweistelliges Plus in Jahresabstand selbst mit breit gestreuten Indexfonds lässt sich sehen. Erfahrene Anleger werden bei derlei Rekordmeldungen hingegen nervös.

Alternativen gesucht

Irgendwann ist die Party vorbei, und wenn die Kurse purzeln, werfen private Neuanleger gerne zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt die Nerven weg, nämlich in der Talsole, beschreibt Florian Gröschl, Chef von Absolute Return Consulting, ein wiederkehrendes Phänomen. Auf Einladung der Wiener Vermögensverwalter MKP Invest sprach Gröschl diese Woche über "Fluch und Segen alternativer Investments". Dazu zählen Anlageformen abseits von Wertpapieren, Sparbüchern, Lebensversicherungen etc.

Die Frage lautet, wo es heutzutage noch einen sicheren Hafen für Kapital gibt. Denn Staatsanleihen und ähnliche Papiere werfen dank Niedrigzinspolitik der Notenbanken keine Rendite mehr ab, vor allem wenn man als Fondsmanager Spesen und Gebühren wettmachen sollte. Gröschl hilft Vermögensverwaltern bei der Auswahl von internationalen Fonds.

Was früher ein Portfolio von Staatsanleihen mit einer jährlichen Rendite von rund vier Prozent war, müssen nun alternative Investments liefern. Der Experte sieht die Stunde von Hedgefonds gekommen, die mithilfe von Derivaten versuchen, Risiken von Kurseinbrüchen abzufedern. Dadurch sei es weiterhin möglich, eine Rendite zu erwirtschaften, ohne sich dem kompletten Verlustrisiko eines Börsenkrachs auszusetzen.

Dem Anlageexperten ist bewusst, dass die Rede von Derivaten nicht nur bei Laien böse Erinnerungen an die globale Finanzkrise weckt. War die Spekulationsblase im US-Immobiliensektor doch über Derivate mit unsäglichen Abkürzungen ausgelöst worden. Aber seit 2008 hätten die EU und Österreich sich darauf konzentriert, was man am besten könne, sagt Gröschl: flächendeckend zu regulieren. Das erschwert zwar die Arbeit für Fondsmanager, gibt aber Anlegern mehr Transparenz und Kontrolle über ihr Geld. Auch Betrugsfälle wie jener des notorischen US-Investors Bernie Madoff seien heute kaum möglich – ganz ausschließen wollte Gröschl es nicht.

Schnäppchenjäger

Eine weitere alternative Anlageform ist Private Equity. Grob gesagt geht es dabei um gebündelte Anteile an Firmen, die nicht an der Börse notiert sind. Stehen dabei Jungunternehmen im Fokus, spricht man von Venture Kapital (VC). Daniel Keiper-Knorr, Mitgründer des auf Start-ups spezialisierten Wiener Fonds Speedinvest, schildert seinen Ansatz: Wer einen langen Atem hat, erzielt deutlich bessere Renditen als mit traditionellen Fonds.

Speedinvest hält Anteile an Start-ups für rund eine halbe Milliarde Euro in zehn Fonds. Jeder davon ist auf eine Laufzeit von zehn Jahren angelegt. Die Hoffnung ist, dass sich ein paar Jungunternehmen im Portfolio, wie die Kryptobörse Bitpanda, der Versicherungsmanager Wefox oder die Reiseapp Tourradar, erfolgreich etablieren. Eine Minderheit an Zugpferden reiche aus, um ab der halben Laufzeit jährliche Renditen von 25 bis 30 Prozent anzupeilen, sagt Keiper-Knorr.

Für Kleinanleger ist VC nichts: Ab 100.000 Euro ist man dabei. Anleger sollten aber nur rund zehn Prozent ihrer Mittel in Wagniskapital stecken, lautet der Rat. (Leopold Stefan, 12.6.2021)