Fundamente für den wiederaufbau der durch eine Lawine völlig zerstörten Materialseilbahn zu Österreichs höchstgelegener Schutzhütte auf dem Großglockner werden betoniert.

foto: grasnek

Gleichenfeier für die Betonfundamente Ende Mai.

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Es war für die Erzherzog-Johann-Hütte auf dem Großglockner gewissermaßen der GAU: Nach außergewöhnlich starken Schneefällen im Dezember vergangenen Jahres hat eine Staublawine die Materialseilbahn zu Österreichs höchstgelegener Schutzhütte beinahe vollständig zerstört. Fünf der sieben Stützen der Seilbahn vom Osttiroler Kals zu der auf 3.454 Metern gelegenen Hütte wurden von der Lawine wie Streichhölzer geknickt.

Geschätzter Schaden: rund 500.000 Euro und die Aussicht, dass in der Sommersaison 2021 die in Bergsteigerkreisen einfach "Adlersruhe" genannte Hütte nicht bewirtschaftet werden kann.

Jährlich 5000 Besteigungen

Die Hütte des legendären Österreichischen Alpenklubs stellt nicht nur eine wichtige Station für viele Großglockner-Besteigungen dar, sie ist vor allem unverzichtbarer Stützpunkt bei Rettungseinsätzen auf Österreichs höchstem Gipfel. Wie viele der jeweiligen Rekordberge ist auch der Glockner ein begehrtes Ziel für ambitionierte Bergsteiger: Jährlich kommen etwa 5.000 Besteigungen über den Normalweg und damit über die "Adlersruhe" zusammen.

Inzwischen haben sich die Mienen der Verantwortlichen des kleinen Alpenklubs, dem übrigens auch 114 Quadratmeter Glocknergipfel gehören, wieder etwas aufgehellt: Der Wiederaufbau der Seilbahn liegt im Plan, die Erzherzog-Johann-Hütte wird diesen Sommer voraussichtlich Anfang Juli wieder geöffnet sein.

Mit Tourenski zur Arbeit

"Es ist wohl Österreichs extremste Baustelle", sagt die Sprecherin des Alpenklubs, Gerti Reinisch-Indrich. Am 11. Mai sei mit den Bauarbeiten begonnen worden, am 31. Mai sei bereits Gleichenfeier gewesen. Nun müsse der Beton zwei Wochen trocknen, ehe die Metallstützen montiert werden könnten und das vier Kilometer lange Tragseil und das acht Kilometer lange Zugseil gespannt werden könnten.

Dazwischen sei viel Schwerarbeit gelegen, sagt Reinisch-Indrich: "Für den Aushub der Fundamente aus dem Schnee und dem gefrorenen Boden musste ein Spezialbagger in drei Teile zerlegt und per Helikopter auf 2.800 Meter geflogen werden. Die Seile waren teilweise über fünf Meter tief unter gepresstem Lawinenschnee eingefroren und mussten ausgebaggert werden."

Bergerfahrene, konditionsstarke und wetterfeste Arbeiter konnten nur mit Tourenskiern zu ihrem Arbeitsplatz gelangen – und das bei jedem Wetter. Den Beton musste eingeflogen werden, vorausgesetzt, das Wetter passte. Auch die Gefahrensituation durch den Neuschnee habe immer wieder Probleme bereitet: Täglich seien gewaltige Lawinenabgänge am Gegenhang beobachtet worden. "An manchen Tagen war die Lawinengefahr einfach zu groß, um weiterzumachen", berichtet der Kalser Bergführer und langjährige Hüttenwirt Toni Riepler.

Finanzierung ungewiss

So groß die Freude beim Alpenklub über den raschen Wiederaufbau auch sein mag, die Finanzierung dürfte noch nicht gesichert sein. Mit nur wenigen hundert Mitgliedern gehört der Klub zu den kleinen alpinen Vereinen und verfügt über wenig Eigenmittel. Zwar dürfte das Land Tirol analog zur Abdeckung von Elementarschäden Privater knapp die Hälfte der Kosten übernehmen und auch Kärnten dürfte sich mit einer kleineren Summe beteiligen, derzeit seien aber noch rund 250.000 Euro offen, heißt es vonseiten des Klubs. Den Rest werde man wohl über Spenden finanzieren müssen, sagt Reinisch-Indrich. (Thomas Neuhold, 10.6.2021)