Die langjährige Präsidentin des Forums Stadtpark, Heidrun Primas (2. v. links), und das neue Vorstandskollektiv, das am 9. Juni präsentiert wurde: ganz links Robin Klengel, Dritte von links Miriam Schmid, ganz rechts Markus Gönitzer.

Foto: Forum Stadtpark

Heidrun Primas leitete das Kunsthaus im Stadtpark im Geist der Gründungsväter als Ort des politischen Diskurses. Jetzt übergibt sie an die nächste Generation.

Foto: Alexander Danner

Es ist ein schlichter, aber markanter, luftig-weißer Bau, der da im Grazer Stadtpark thront. Vor Jahrzehnten stand hier das Stadtparkcafé, ehe in den späten 1950er-Jahren eine Künstlergruppe dieses Objekt, das damals leer stand, der Stadt Graz für eine Heimstätte der Avantgarde abtrotzte.

Das Café wurde abgerissen und im November 1960 das von Künstlern selbst verwaltete Forum Stadtpark mit der Ausstellung "Bekenntnis und Konfrontation" eröffnet. Im Gründungspool fanden sich etwa die Literaten Peter Handke, Wolfgang Bauer, Barbara Frischmuth, Gerhard Roth und Alfred Kolleritsch, der Architekt Werner Hollomey und die Jazzmusiker Erich Kleinschuster und Dieter Glawischnig.

Gelebter Auftrag zum Widerstand

Das damals konzipierte spartenübergreifende Kunsthaus mit Architektur, Literatur, bildender Kunst, Film, Fotografie, Medienkunst, Mode, Musik, Theater, Performance und Theorie lebt bis heute diesen Auftrag des kulturpolitischen kritischen Engagements. Der Standort des Forums steht hier auch für das Programm: Mitten in der Stadt und bereit zur gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung. Das Forum, ein Stachel in der Stadtpolitik.

"Das Forum Stadtpark ist nicht nur eine künstlerisch, sondern auch heute noch eine gesellschafts- und kulturpolitisch relevante Position im größten öffentlichen Raum von Graz, dem Stadtpark. Es hat seit seiner Gründung eine Verantwortung für die Gesellschaft", sagt die studierte Architektin und Forum-Präsidentin Heidrun Primas, die dieser Tage die Leitung der Kunstinstitution an die nächste Generation, an ein junges Kollektiv, weitergibt.

Es soll weiter ein "Möglichkeitsort für Zukunftsmodelle im Sinne konkreter Utopien bleiben", sagt Primas: "Auch im Sinne unseres symbolischen Titels als Rathaus der Herzen." Wie wichtig solche Räume des Handelns und des freien Denkens seien, sei während der Pandemie besonders klar geworden.

Heidrun Primas leitete das Kunsthaus im Stadtpark im Geist der Gründungsväter als Ort des politischen Diskurses. Jetzt übergibt sie an die nächste Generation.
Foto: Alexander Danner

"Wir übernehmen auch hier immer wieder intensive Ausverhandlungsprozesse mit der Politik", sagt Primas. Das Forum ist vor der Haustür mit tausenden, meist jungen Menschen konfrontiert, die sich nach den Lockdowns im umliegenden Park etwas dionysisch ausleben möchten. "Wir versuchen damit umzugehen, sehr konkret. Mittlerweile gibt es zumindest mehrere Mistkübel, aber darum geht es nicht zentral. Es geht um Grundsätzliches, um Fragen des städtischen Zusammenlebens. Es gibt zu wenig öffentlichen Grünraum, und die Ausverhandlungsprozesse darüber, wem der öffentliche Raum gehört, sind in Graz noch nicht etabliert", moniert Primas.

Das Forum steht seit seiner Gründung im Fokus politischer Auseinandersetzungen. Eines der Forum-Gründungsmitglieder, Gustav Zankl, erinnerte in einem STANDARD-Gespräch, dass vor allem die FPÖ das Forum "zum Schweigen" bringen wolle. "2017 wollte man hier mit Billigung von Bürgermeister Siegfried Nagl ein Kaffeehaus machen. Damit würde man das Haus umbringen", sagte Zankl. Der Widerstand dagegen war aber erfolgreich.

Heidrun Primas versteht Kunst- und Kulturarbeit durchaus auch als Friedens- und Sozialdienst. Dem folgend organisierte sie eine "Forum-Küche", als viele Menschen auf der Flucht in Graz angekommen waren. Als Obdachlose aus dem Stadtparkpavillon vertrieben wurden, fanden sie direkt am Forum, wo sie temporär Behausungen bauten, Schutz.

Solidarität mit Moria

Eine "konsequenten Auslegung von Kulturarbeit" sei es auch, dass sie sich nach ihrem Aufenthalt auf Lesbos an Wochenenden in einem Solidaritätscamp für Moria engagiert habe, sagt Primas.

Erregung in der Stadtpolitik hat auch das Forum-Projekt "Als die Autos die Stadt verließen" ausgelöst. Es ging um den Versuch, für einige Tage die Autos aus der Stadt zu verbannen, um Freiräume für die Bewohner zu schaffen und Kunstprojekte in den autofreien Zonen zu ermöglichen. Letztlich um den Zustand einer "Autofreiheit" zu erleben. Die Innenstadtgeschäfte waren dagegen, Bürgermeister Siegfried Nagl wagte sich daher nicht drüber.

Das Vorstandskollektiv und das neue Programm-Forum (nach Sparten):
Architektur: Ana Jeinić
Bildende Kunst: Markus Waitschacher
Fotografie: Clara Wildberger
Gesellschaftspolitik: Sara T. Huber
Literatur: Fiston Mwanza Mujila
Musik: Patrick Wurzwallner
Performance: Victoria Fux
Foto: Forum Stadtpark

Dass es mit ihrem Abgang ruhiger wird für die Politik, ist eher nicht zu wünschen, sagt Primas. Das neue Leitungstrio, Miri Schmid (Planeten Party Prinzip), Robin Klengel (Total Refusal) und Markus Gönitzer, werde im Sinne der Gründungausstellung weiter "konfrontativ" bleiben. Auch das Programmforum wurde neu aufgestellt: So wird etwa der Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila, der durch seinen Roman "Tram 83" international Erfolge feierte, für die Sparte Literatur verantwortlich sein. (Walter Müller, 10.6.2021)