Bildungsminister Heinz Faßmann will den Markt für Ghostwriting austrocknen, schon das öffentliche Bewerben soll ab Herbst strafbar sein. Daran sieht aber selbst eine Stelle seines Ministeriums ein beträchtliches Manko

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Ab Oktober soll es Ghostwritern an den Kragen gehen. Dieses Ziel hat die türkis-grüne Koalition jedenfalls ausgegeben, als sie im Frühjahr ihre Uni-Reform im Parlament beschlossen hat. Das Erstellen und sogar schon das öffentliche Anbieten von Ghostwriting soll künftig verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden. Gewerbsmäßigen Geisterschreibern blühen Geldstrafen bis zu 60.000 Euro – das zielt vor allem auf die großen Agenturen ab, die in den letzten Jahren einen florierenden Markt für Abschlussarbeiten etabliert haben.

Juristinnen haben via STANDARD allerdings bereits im März davor gewarnt, dass sich die gesetzliche Regelung als weitgehend untauglich erweisen könnte. Der neue verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand Ghostwriting wird nämlich nur im Universitätsgesetz (UG) ausdrücklich verankert – als neuer Paragraf 116a. Die Wiener Strafrechtlerin Susanne Reindl-Krauskopf erklärte, dass dieser sich nur auf jene Hochschulen beziehe, die explizit im UG aufgezählt werden – also die 22 öffentlichen Universitäten. An den Fachhochschulen (FHs) sowie Privatunis würde die Strafbestimmung demzufolge ins Leere laufen. Ghostwriter, die ihre öffentlich angepriesenen Leistungen auf FHs zuschneiden, wären also aus dem Schneider. Zum selben Befund kam die Rechtsprofessorin und Expertin für Universitätsrecht, Bettina Perthold: "Der Ghostwriting-Paragraf ist eng auf die öffentlichen Unis beschränkt."

Türkis-Grün nahm Anregungen nicht auf

Pertholds Anregung einer gesetzlichen Überarbeitung wurde von den Regierungsfraktionen im Nationalrat allerdings nicht aufgenommen. Die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger kalmierte in der Plenardebatte vom Rednerpult aus: "Keine Sorge, es gelten diese Regelungen für alle Hochschulen des tertiären Sektors." Das Bildungsministerium von Heinz Faßmann (ÖVP) ließ wissen, es sei "klar", dass sich der neue Paragraf auf alle Hochschultypen erstrecke. Eine legistische Überarbeitung – etwa durch eine Verankerung der Bestimmung auch im Fachhochschulgesetz – nannte man "redundant."

Auch Ombudsmann ortet Lücke

Selbst im eigenen Haus konnte man von dieser Auffassung aber offenbar nicht alle überzeugen. In einer aktuellen Stellungnahme fordert die Studierendenombudsstelle des Bildungsministeriums explizit eine Übertragung des Ghostwriting-Paragrafen auf den Fachhochschulsektor. Der Leiter der weisungsfreien Dienststelle und Hochschulombudsmann Josef Leidenfrost sagt im Gespräch mit dem STANDARD: "So, wie es momentan im Gesetz steht, sehe ich überhaupt nicht, dass man die Strafbestimmung auf Fachhochschulen anwenden kann. Dazu müsste man sie auch in das Gesetz für Fachhochschulen hineinschreiben." Prinzipiell begrüßt Leidenfrost ein hartes Vorgehen gegen Ghostwriter, doch dieses müsse umfassend erfolgen: "Als Ombudsstelle kümmern wir uns um den gesamten Tertiärbereich, daher reicht es uns nicht, wenn das nur an öffentlichen Unis greift."

Mögliche "Klarstellung"

Auch in anderen Teilen des Ressorts will man nun doch noch einmal über eine Gesetzesänderung vor dem Inkrafttreten im Oktober nachdenken, wie auf Anfrage zu erfahren war. Man prüfe derzeit eine "Klarstellung zum Geltungsbereich des Universitätsgesetzes", schreibt ein Pressesprecher des Ministeriums. Das würde auch Auswirkungen auf den Ghostwriting-Paragrafen haben, wird in Aussicht gestellt. (Theo Anders, 10.6.2021)