Silas Katompa Mvumpa: "Ich habe in den letzten Jahren in ständiger Angst gelebt und mir auch um meine Familie im Kongo große Sorgen gemacht. Es war ein schwerer Schritt für mich, meine Geschichte zu offenbaren."

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Stuttgart – Der Schritt an die Öffentlichkeit ist dem Fußballprofi Silas Katompa Mvumpa, aber auch dem VfB Stuttgart sicher nicht leicht gefallen. Dass der deutsche Bundesligist Anfang der Woche bekanntgab, der Kongolese habe zwei Jahre unter dem falschen Namen Wamangituka für ihn gespielt, brachte ihm nun aber Lob ein.

Der Afrika-Kenner Barthelemy Gaillard findet diesen Schritt "sehr positiv". Ihm sei kein anderer Fall bekannt, in dem ein Club auf diesem Niveau Ähnliches getan habe, sagte der Buchautor der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" vom Donnerstag.

Wie der Franzose wundern sich auch andere Afrika-Experten nicht über das Schicksal des hochveranlagten Stürmers Silas, der offenbar länger von einem windigen Spielervermittler abhängig war. Für sie ist er alles andere als ein Einzelfall. "Dass solche Dinge passieren, überrascht mich nicht", sagte der gelernte Journalist Paul Nehf am Donnerstag dem Internet-Portal "t-online". "Die allermeisten afrikanischen Spieler sind von Personen, die Kontakte zu Vereinen nach Europa haben, abhängig", erklärte Nehf, der laut "t-online" seit vielen Jahren als Scout, Spielervermittler und Berater in Afrika tätig ist.

Menschenhandel

Gaillard sprach von einem System der Ausbeutung und des Menschenhandels. "Und weil so viele davon profitieren, gibt es niemanden, der entschlossen dagegen vorgehen würde", erklärte er.

Der VfB hatte Katompa Mvumpa 2019, der zurzeit einen Kreuzbandriss auskuriert, für rund acht Millionen Euro Ablöse vom FC Paris geholt. Nach Angaben des Bundesligisten lebte er während seiner Zeit in Frankreichs Hauptstadt in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Berater und habe "augenscheinlich" weder auf sein Konto noch auf seine Papiere Zugriff gehabt. Am Dienstag hatte der Club sein Schicksal öffentlich gemacht, nachdem der Spieler sich den Verantwortlichen offenbart hatte.

Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes will nun prüfen, ob in dem Fall ein sportstrafrechtliches Fehlverhalten des Spielers vorliegt. Dem VfB drohen aber wohl keine Punktabzüge.

Gegenmaßnahmen

Spieler wie Katompa Mvumpa müssen sich laut Nehf mit lokalen Beratern einlassen, um den Sprung nach Europa zu schaffen. So wäre Katompa Mvumpa ohne diesen Vermittler "vielleicht immer noch im Kongo, und kein Hahn würde in Deutschland nach ihm krähen".

Um Abhängigkeitsverhältnissen wie beim VfB-Profi entgegenzuwirken, sind laut Nehf bessere Chancen für afrikanische Nachwuchsspieler durch mehr europäisches Engagement vor Ort, Visa-Erleichterungen und Spielgenehmigungen auch im Juniorenfußball erforderlich, heißt es in dem Bericht bei "t-online".

Wegen der zweifelhaften Identität ist Silas, wie ihn die VfB-Fans nennen, bisher offenbar nicht für die Nationalmannschaft seines Heimatlandes berufen worden. "Wir haben ihn früher nicht nominiert, quasi als Vorsichtsmaßnahme, weil dieser Punkt etwas nebulös wirkte", sagte Christian Nsengi-Biembe, bis Mai Nationaltrainer des Landes, am Donnerstag der "Bild". "Heute ist alles eindeutig." (APA, red, 10.6.2021)