Die Opernsängerin Carol Byers lebt mit ihrem Mann Jan van der Brugge, zwei Hunden, einer Katze und vielen Erinnerungen in einer Mietwohnung im neunten Bezirk in Wien, aus der sie wohl ausziehen müssen.

"Mein Mann hat diese Wohnung 1985 entdeckt. 1988 habe ich ihn entdeckt. Und nach sechs Monaten war klar, dass ich hier einziehen sollte. Manchmal weiß man solche Sachen schnell.

Carol Byers und Jan van der Brugge wohnen seit den 1980er-Jahren in ihrer Altbauwohnung.
Foto: Lisi Specht

Die Wohnung hat damals noch ganz anders ausgeschaut. Auf dem Plafond war eine hässliche braune Tapete, der alte Holzboden war unter einem Teppichboden versteckt. Ich habe Türen, Fenster und Böden über Jahre hinweg renoviert. Besonders stolz bin ich auf die Verkleidung der Heizkörper. Wir haben viele Ideen, viel Zeit und Geld investiert.

Der Grundriss dieser 163 Quadratmeter großen Wohnung ist wahnsinnig praktisch, weil die Zimmer in einem inneren und einem äußeren Kreis angeordnet sind. Somit hat jedes Zimmer zwei Türen. Man kann sich hier also schon eine Weile suchen. Toll ist auch, dass die Wohnung von zwei Seiten belichtet und daher immer hell ist.

Hier wohnen wir also mit unserer Katze Katie und unseren zwei Basset Hounds Oliver und Emily, die wir über meinen Verein Animal Care Austria adoptiert haben. Wir hatten sogar schon einmal vier Basset Hounds. Wenn wir mit ihnen auf die Straße gingen, war das wie im Zirkus.

Derzeit wohnen im Haushalt zwei Basset Hounds, zwischenzeitlich waren es aber auch schon einmal vier.
Fotos: Lisi Specht

Mein Lieblingsplatz ist am Klavier, wo ich oft stundenlang sitze und Unterricht gebe. Der Raum hat eine wunderbare Akustik. Es gibt zwei Dinge, an denen ich mich orientiere. Erstens ein Bild im Wohnzimmer, das ich von hier aus im Blick habe und das sich über den Tag verändert, weil es das Licht anders reflektiert. Zweitens eine Uhr unten auf der Straße, die ich von hier aus sehe. Kennen Sie das Lied Die Uhr von Carl Loewe? Darin geht es darum, dass ein Mann seine Uhr in allen wichtigen Momenten bei sich trägt. Und das da unten ist meine Uhr, die für mich tickt.

Wir haben eine interessante Mischung aus alten Möbeln aus den 1950er- und 1960er-Jahren und asiatischen Stücken. Manche der Möbel hat mein Mann schon gehabt, manche habe ich gekauft. Hauptsache, die Möbel sind hundefest. Die Kunstwerke an den Wänden stammen von befreundeten Künstlern und von Reisen und Engagements im Ausland. Für neue Dinge haben wir längst keinen Platz mehr. Es ist alles ein Mischmasch. Das finde ich am schönsten. Ich wäre nicht glücklich mit einem Stil, weil ich mich auch an einem Tag so anziehe – und am nächsten wieder ganz anders.

"Es ist alles ein Mischmasch. Das finde ich am schönsten", sagt Carol Byers über ihren Einrichtungsstil.
Fotos: Lisi Specht

Wichtig sind mir jedes Jahr die Blumen auf den Fensterbrettern. Einmal hatten wir im Frühling keine Blumen draußen. Damals haben uns viele Leute angesprochen, ob wir denn nicht mehr hier wohnen. Heuer zeigen wir mit den Blumen, dass wir immer noch da sind. Das ist nicht selbstverständlich! Wir sind unter den letzten Mietern in diesem Haus. Der Eigentümer möchte es umbauen und erweitern. Er will uns zwar eine Ersatzwohnung anbieten, aber wir wollen nicht weg. Die Wohnung war ja ursprünglich relativ bescheiden, die Miete überschaubar. So etwas findet man heute nicht mehr. Und die Lage ist unschlagbar. Alles, was wir brauchen, liegt fünf Gehminuten entfernt.

Am wichtigsten ist Carol Byers, dass die Möbel hundefest sind. Platz für neue Dinge gibt es mittlerweile keinen mehr.
Fotos: Lisi Specht

Und man kennt einander hier im Grätzel. Es hat lange gedauert, bis ich solche Verbindungen, Freundschaften und Bekanntschaften aufgebaut habe. Es ist zwar sicher nicht wie das kleine Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Aber es ist so nahe dran wie möglich.

Diese Situation ist sehr emotional für mich. Ich bin aus den USA weggegangen und kam nur mit einem Koffer mit Musiknoten, einigen Schallplatten und ein paar Bildern an. Ich habe hier ein Zuhause gefunden. All unsere Erinnerungen sind mit dieser Wohnung verknüpft. Die Vorstellung, von hier wegzugehen, ist für mich sehr belastend.

Aber à la longue werden wir wohl nichts machen können. Unser Wohntraum ist, dass irgendetwas passiert und wir doch hierbleiben können. Wir haben bisher so viel Glück gehabt im Leben. Wir hoffen, dass wir weiter Glück haben werden." (14.6.2021)